Wintermärchen Zietenhorst
Wintermärchen Zietenhorst

Allen Kunden und Freunden vom „Kuchengarten Zietenhorst“, ein gutes, besseres, gesundes und sorgenfreies Neues Jahr!


Zietenhorst Nr.23; 16818 Zietenhorst 🌸 Kleines saisonales Gartencafé im recht kleinen Zietenhorst 🌸 Gelegen zwischen Wustrau und Hakenberg, in schönster, wilder Luchlandschaft 🌸


Öffnungszeiten

Der Kuchengarten startet wieder im Frühjahr, je nach Witterung 🌼










                  













Wo sich Hase und Fuchs Gute Nacht sagen... (und Igel, Kranich, Storch, Bisamratte, Wildgans, Waschbär....)






Der „Kuchengarten“ zu Corona-Zeiten…
Der „Kuchengarten“ zu Corona-Zeiten…

„Allem läßt sich abgewinnen, eine Seite die da glänzt!“ Oma Lina

Zietenhorst, 7.2.

Die Tage werden spürbar länger: schafft es die Sonne durch den verschleierten Himmel, zwitschern schon die Meisen recht frühlingshaft. Dieser Winter war bis jetzt mild und so habe ich große Hoffnung, dass die in der Erde verbliebenen und dick abgedeckten Dahlien intakt blieben. Vorsichtshalber bestellte ich aber noch ein paar Schönheiten, denen ich nicht widerstehen konnte. Ich träume von einem großen Beet voller Dahlien in allen Farben und Formen im privaten Garten. Im Kuchengarten ist letzten Herbst eine neue Sitzecke entstanden und ich habe auch dort noch Zwiebeln von Krokus und Nazisse gesetzt. Sollte es nochmal stärkeren Frost geben, müssen die vielen jungen Triebe der Tulpen die schon aus dem Boden schauen gut abgedeckt werden, um Erfrierungen an Blättern und späteren Knospen zu vermeiden. Im letzten Frühjahr gab es viele Tulpen mit diesen Makeln und auch die sonst so widerstandsfähigen Hyazinthen hatten einen Knacks. Gerade fällt ganz feiner Schnee in Zietenhorst. Keiner, der liegenbleibt, aber eine kleine Illusion von Winter beschert. Eher eine Art Schneestaub der aussieht wie dieser seltsame Nebel vor Kurzem, der im Schein meiner Stirnlampe aussah, als hätte jemand feine Fäden gesponnen und werfe sie vom Himmel. Vielleicht ist ja der nächste Winter wieder kälter!? Mein Garten befindet sich noch im Winterschlaf und würde nicht die rote „Zaubernuss“ blühen, es wäre doch recht grau. Fast täglich treffen neue Gartenkataloge ein, führen mich in Versuchung! Gestern dann zwei meiner abonnierten Land-Hefte, welche schon den Frühling auf dem Cover zeigen. Meine Saatgutkiste ist nun proppenvoll und ich warte auf ein Zeichen der Frühlingsgöttin Ostaria, um endlich loslegen zu können! Einige Experimente sind dabei, wie Erdnüsse, Kichererbsen, Linsen und am Liebsten kämen noch Dinkel und Roggen dazu, lese ich mit Entsetzen, dass sich unsere EU-Behörde den nächsten Spaß erlaubt und ab dem 10.2. in Brot, Kuchen, sogar in Käse und anderen Grundnahrungsmittel Mehl aus Würmern zuläßt! Mir dreht sich der Magen dabei um! Der Sinn dahinter leuchtet mir nicht ein: wird kein Getreide mehr angebaut oder soll kein Getreide mehr angebaut werden? Im Kuchengarten wird weiterhin traditionell gebacken! Kein Wurm, keine Chemie kommen in meine Kuchen hinein! Meinen Käse beziehe ich ohnehin seit Jahren von Bio Bauern und Brot kaufe ich wohl zukünftig nicht mehr im Supermarkt, sondern backe selbst. So viele Lebensmittel werden jeden Tag vernichtet, da sie immer teurer werden und die Leute es sich überlegen müssen, ob sie in der Lage sind für ein „sauberes“ Brot Sechs Euro zu bezahlen. Bis gestern war ich im tristen Berlin, ließ mir Blut abnehmen und begleitete zwischendurch meine Schwester ins Krankenhaus. Alles recht aufregend und diesmal aber eine erfreuliche Erfahrung, da das Bundeswehrkrankenhaus in Berlin tatsächlich noch genügend Ärzte und Pfleger hat. Eine beruhigende Wohltat, kennt man inzwischen die Zustände in deutschen Kliniken zur Genüge. Die Operation verlief gut, ständig sah ein Pfleger oder ein Arzt nach meiner Schwester und dementsprechend fühlte sie sich auch nicht mehr so ängstlich. Ich brachte sie gestern in ihre Wohnung zurück, kam auf einen Erschöpfungsschlaf zurück in die Berliner Wohnung meiner Männer und gestern spät abends nach Zietenhorst, wo mich „Tante Fritzi“ schnurrend um meine Beine streichend begrüßte. Wie schön, wieder Zuhause zu sein, den Kamin anzuheizen und sich ein letztes, gut eingepacktes Stück Käsekuchen aus dem Kühlschrank zu gönnen, das vom letzten Stubencafé noch übrig war. Ein sehr gemütlicher Nachmittag war das: viele nette Gäste, gute Stimmung, Komplimente für den Kuchen. Ich hatte ein neues Rezept ausprobiert, Kirsch-Zimtsahnetorte mit Haselnussteig. Auch die Schwedische Mandeltorte war schnell aufgegessen. Unbedingt muss ich diese zwei Kuchen in mein diesjähriges Angebot aufnehmen! Ich hoffe, dass die Einkaufspreise für meine Backzutaten nicht noch weiter steigen und ich die Verkaufspreise wie im letzten Jahr halten kann! Aus mir völlig unverständlichen Gründen, werden Butter, Sahne, Mehl und vor Allem auch Nussmehl immer teurer, obwohl die Anbauflächen gleich bleiben. Zum Glück baue ich das Obst selbst an, aber auch die Strompreise machen mir immer mehr zu schaffen. Kühlschränke, Kaffeemaschinen, Gefrierschränke und besonders mein Backofen sind unverzichtbar. Wenn sich nicht etwas grundlegend ändert, gibt es bald kleine Unternehmen wie mich nicht mehr und nicht Jeder möchte wirklich einen Kuchen vom Großbäcker für den Ausflug mitnehmen, der vielleicht auch noch mit gemahlenen Würmern gestreckt wurde!? Ich gebe mein Bestes, um meiner Kundschaft dieses Jahr noch erhalten zu bleiben. Was nächstes Jahr kommt: wir können nur hoffen! Man sollte niemals die Hoffnung auf Besserung aufgeben! Liebe Grüße aus Zietenhorst.



Zietenhorst, 30.1.

Geweckt wurde ich durch eine laute Motorsäge, recht nahe am Häuschen. In einem meiner schlimmsten Träume kippt mein Lieblingsbaum, die große alte Weide neben dem Kuchengarten um: ein neugieriger Blick aus dem Fenster war doch recht erschreckend: Hoch oben in den Ästen „meiner“ Weide hing der Korb einer langen Leiter, darin ein Mann mit Ohrenschützern, im orangen Overall und bewaffnet mit einer großen Motorsäge! Die ersten großen Äste lagen schon auf der Wiese am Boden, gerade wurde ein weiterer großer Ast von Kleinen gereinigt, unten standen schon zwei gekappte Stümpfe: ein Albtraum! Nachbar Siegfried und ich machten schnell letzte Fotos vom klagenden Baum und wurden prompt von einem Mann in oranger Kleidung auf die „Verletzung der Persönlichkeitsrechte durch das Fotografieren der Arbeiter“ hingewiesen: nun, ich und auch mein guter Nachbar berufen uns auf Altersrenitenz und chronischen Ungehorsam. Wir liefen leise kichernd weiter, die kleine Spazierstrecke mit Siegfrieds Hündin, vorbei an Hildes Hühnerhof, dem übervollen Kanal und angeknabberten Bäumen, deren Stämmchen die Form von Sanduhren durch die hiesigen Bieber erhalten, frisch grünen Winterwiesen und weiteren Kanälen voller Wasser. Von Weitem hörte ich das Motorengeräusch der Säge, die unermüdlich die Weide stutzte. Diesen Weg war ich noch nie gelaufen und zu meiner kleinen Überraschung kamen wir am Fahrradweg, knapp vor Zietenhorst wieder in vertraute Gefilde. Mein erster Spaziergang nach langer, langer Krankheit! Wir haben neuere Dorfbewohner, die erst im letzten Jahr zu uns stießen. Aus dem ehemals hässlichen Haus mit großem Speicher wurde durch sie ein traumhaftes Fleckchen Erde geschaffen! Die Hausherrin kümmerte sich grad um die Tiere, Siegfried und ich bekamen eine kleine Führung durch Garten, Scheune und Haus, sogar eine kleine Badestelle am angrenzenden Kanal wurde wieder aktiviert, der Blick über die dahinterliegenden Wiesen und Baumreihen war beeindruckend und die strahlenden Gesichter unserer zwei neuen Dorfbewohnerzeigten mir, dass sie dieses Glück, welches man in Zietenhorst finden kann, absolut genießen! Mich selbst inspirieren solche Orte. Manchmal betritt man Orte und spürt ein leichtes Unbehagen, ohne zu wissen, warum. Kommt man jedoch in Häuschen wie heute, geht man über die Schwelle und fühlt sich wohl. Dieses unscheinbare Häuschen hat zwei gute Seelen gefunden und ich freue mich über diese neue Nachbarschaft. Beim Kaffee erzählten wir uns Geschichten, auch wir Alle über unterschiedliche Wege diesen Ort hier gefunden haben, ein wenig Dorfklatsch, ein bisschen Witzeln über Ober- und Unterdorf und die unterschiedlichen, oft recht schrulligen Bewohner, die aber immer bereit sind zu helfen und wenn es auch nur aus Neugier ist. Unser alter Imker baute für den neuen Speicher einen Kasten, indem hoffentlich bald ein Turmfalke heimisch wird, ein kleiner Garten ist noch in Planung und sicher landen auch ein paar Gemüsejungpflanzen von mir dort. Morgen backe ich einen Kuchen und gehe mit Siegfried und meinem Komponisten wieder zu ihnen, es gibt Kaffee und Tee. Auf dem Weg zurück zu meiner Oase, kreischte mir die Motorsäge entgegen und der Anblick des ehemals so prächtigen Baumes, der in der Abendsonne immer orange glühte, bei Wind so herrlich rauschte und welcher so prächtig meinen Kuchengarten davor bekrönte war herzzerreißend: die Weide wurde auf ein Drittel abgesägt, es steht nur noch ein Stamm mit abgesägten Stümpfen da! Das Licht fällt nun anders, mein Garten wirkt nackt und ungeschützt, unplatziert. So traurig war mir zumute bei diesem elenden Anblick! Klar, die Weide wird wieder austreiben, aber nie mehr so prächtig und groß aussehen, wie noch gestern. Welch ein Jammer! Die kaputten Bäume ein Stück weiter vorn, ließ man stehen! Vielleicht musste unser Baum dran glauben, weil er am Spielplatz steht? Dieser Spielplatz bekam letztes Jahr plötzlich auch ein Hinweisschild mit der Aufschrift: „Spielplatz“, um zu verhindern, dass man Sand, Schaukel und Wippe mit etwas Anderem verwechseln könne und die letzten zehn Jahre hatte auch niemand ein Problem damit, dass der Spielplatz nicht durch ein ordentliches Schild als Spielplatz deklariert wurde! Jetzt, in der Epoche der Verbots- und Vorschriftsbürokratie musste man wahrscheinlich aktiv werden, es sind ja auch bald Wahlen!? Es wird mich Überwindung kosten, morgen Früh beim Gang zu den Hühnern nicht zum traurigen Baumstumpf hinüberzuschauen. Es gäbe doch so viel Sinnvolles hier zu erledigen: warum dieser Baum? Es ärgert mich sehr! Nun gut! Die Zeit heilt alle Wunden, sagt man! Ich darf mich ja nicht ärgern, oder aufregen, meint meine Ärztin Viola. Eine schöne Aufheiterung steht ins Haus: das letzte „Stubencafé“ für diesen Winter. Morgen kaufe ich Butter und Sahne, habe schon Schokolade und Vanillezucker bereitgestellt, Zitronen im Gewächshaus geerntet, am Samstag Abend wird gebacken und die Stube zum Café umgebaut. Der Sonntag wird kalt! Wie gut, dass ich genügend Brennholz neben dem Kamin habe und mein Ofen funktioniert auch wieder richtig. Langsam fehlt mir auch schon das wöchentliche Backen, das hektische Gerenne zwischen Backstube und Café, das fröhliche Geplauder der Gäste im Garten. Ab Mai geht es wieder los und ich hoffe doch, dass die arme Weide dann auch wieder etwas ausschlägt und diesen brutalen Kahlschlag gut überstanden hat. Liebe Grüße aus Zietenhorst!



Zietenhorst, 26.1.

Es ist sehr ruhig, ohne die Entchen. Immernoch bin ich diese Stille im Garten nicht gewohnt, horche manchmal gewohnheitsmäßig in die Nacht, wo es bis vor Kurzem noch leises Geschnatter vom Stall her gab. Freilich: die Hühner genießen es, alleinige Herrscher über Garten und Futterplätze zu sein! Wie Hündchen rennen sie mir hinterher, verlasse ich das Haus, was den schwarzen Hahn Gustaf eifersüchtig macht! Seit einiger Zeit greift er mich an, ich darf ihm nicht den Rücken zuwenden. Gunilla, das braune Huhn, springt sogar an mir hoch, habe ich die Futtertüte in der Hand und läßt sich leicht gurrend von mir auf den Arm zum Streicheln nehmen. Grund mehr für Gustaf, sein Gefieder zu spreizen und mich zu attackieren. Gustaf muss weg! Nur: wer nimmt schon einen Hahn, so hübsch er auch ist!? Ein stolzer schwarzer Maran, mit breiter Brust und rotem Kamm, aber kein Hahn für mich! Es wird Zeit für einen Machtwechsel im Hühnerstall! Sir Lancelot wartet schon auf den Thron. Man beißt nicht die Hand, die einen füttert und Das trifft ja auch nicht nur auf die Politik in meinem Hühnerstall zu. Karma ist überall… Die Tage vergehen und ich schwanke seit November zwischen krank und weniger krank. Seit fünf Tagen liege ich wieder mit Fieber nieder, huste und bin zwischendurch etwas entmutigt. Ich werde jetzt Alles durchuntersuchen lassen, bis meine Ärztin eine Ursache findet. Dieses Jahr, dieser Winter ist anders. Zweimonatige Wartezeiten für Facharztermine machen nicht unbedingt Freude oder schaffen Vertrauen in dieses marode System. Manchmal wünsche ich mir die Zeit von vor zehn Jahren zurück: wie normal und einfach war es doch damals, das Leben, im Vergleich zu heute, oder? Nun kommen auch noch weitere Erhöhungen und Steuern auf uns und auf mich zu, ich warte noch auf eine Steuer fürs Ausatmen oder Stromnutzung ab achtzehn Uhr. Alles denkbar und nicht mehr überraschend. Ich plane trotzdem das diesjährige Kuchengarten Jahr, nähe neue Kissenbezüge in der Zeit, wo ich fieberlos bin, rechne die Ausgaben durch, überlege, wie und wo es überhaupt möglich sein könnte, Strom zu sparen, aber beim Besten Willen: es ist eigentlich kaum zu schaffen und wäre der Kuchengarten nicht auf meinem eigenen Grundstück, ich hätte schon aufgeben müssen (so wie immer mehr Selbsständige im Umland und Anderswo). Ich vermute inzwischen, dass man kein Interesse an kleinen Cafés, Gasthöfen, Restaurants und ganz besonders Ausflugszielen aller Art hat, sonst würde man uns doch eher entlasten, statt uns das geschäftliche Überleben zu erschweren? Aber, wahrscheinlich sehe ich Alles falsch und weiß nur Nichts von all den Verbesserungen und einem wirtschaftlichen Aufschwung, da ich nur ein klitzekleines Gartencafé im Brandenburger Irgendwo betreibe? Ich bin ja nur ein klitzekleines Licht hier. Eine große Hoffnung auf Veränderung wächst: im Garten sprießen immer mehr Triebe von Frühjahrsblühern aus der Erde, gestern gab es sogar dreizehn Grad Wärme und schon begannen die kleinen Meisen ein zaghaftes Frühlingsgezwitscher. Die Sonne ging orangefarben unter und die Hühner sonnten sich tagsüber aufgeplustert auf der Veranda. Vom kosmischen Spektakel am Himmel sah ich leider Nichts, da es zu bewölkt und nieselig war. Aber ist es nicht wohltuend, dass die Tage wieder spürbar länger werden? Bald verschneidet eine Freundin mit uns die Obstbäume, die abgeschnittenen Zweige landen in den Vasen und bringen recht schnell Blätter und Blüten von Pfirsich, Birne und Apfel. Nächste Woche schon, stecke ich dicke Bohnen und Erbsen, decke die Beete aber noch mit Vlies ab. Wie jedes Jahr kann ich mich nicht entscheiden, welche und wieviele Tomaten vorgezogen werden. Sicher ist, dass es auf jeden Fall wieder zu Viele sein werden. Da ich aber immer mehr Leute kenne die selbst auf dem südlichen Fensterbrett ihre eigenen Tomaten wachsen lassen, gibt es Abnehmer. Die Auswahl ist groß: alte und seltene Sorten, bis zu virusresistenten Neuzüchtungen. Alles wartet und hofft, auf die große Veränderung! Nur Mut! Bald wird es heller! MEIN Mut hält sich noch und Ende der Woche bereite ich schon das sonntägliche Stubencafé vor. Einfach nicht unterkriegen lassen und etwas Schönes machen! Passt auf Euer Miteinander auf und bleibt guten Mutes! Liebe Grüße aus Zietenhorst!



Zietenhorst, 18.1.

Ein paar Herrnhuter Sterne leuchten noch im Häuschen, ein sehr Großer in Gelb bleibt am Fahnenmast des verwaisten Cafes, auf dem kleinen Tisch neben dem Backtisch stehen still musizierend letzte kleine Engel, welche ich noch nicht in die Schlummerkisten packen möchte. Aber ansonsten duftet es nach vorgezogenen Frühlingsblumen in gelb, rosa und blau. Trotz aller Vorkehrungen hat mich nun doch eine kleine Winterschwermut gepackt. Vielleicht, weil diese zweimonatige Erkältung mich ausgelaugt und sehr geschwächt hat. Ich kämpfe mit hochdosiertem Vitamin D und duftenden gelben Fresien dagegen an. Aber auch der Duft dieser herrlichen Frühjahrsblumen kann mich nicht wirklich aufmuntern. Es ist jetzt auch mal gut mit all dem Grau da Draußen, dem Nebel, der ständigen Feuchtigkeit im stillen Luch. Schon wieder wird es dunkel! Dabei wachte ich doch erst vor knapp zwei Stunden aus dem zugegeben recht langen Mittagsschlaf auf!? In den letzten Tagen steigerte sich die Sehnsucht nach meinem Bett oder dem Sofa wieder in einem Maß, welches mich darauf vorbereitet was kommt. Ich weiß, es geht vorbei und gehört zu meinen Wintern dazu wie ein altes Hüftleiden oder ein chronischer Husten, aber willkommen ist diese Lethargie niemals! Zumindest konnten die Saattütchen mit der zukünftigen Ernte gesichtet und sortiert werden, die Pflanzkartoffeln sind vorbestellt und dieses Jahr war ich endlich früh genug, um meine begehrten „Bamberger Hörnchen“ und die „Blauen Schweden“ zu ergattern. Bald wandern die großen Hochbeete vom hintersten Teil des Gartens in den küchennahen Vorderen und werden ab Ende März mit erstem vorgezogenen Gemüse bepflanzt. Auch der Beerengarten ist fast fertig, erhält als Krone auf dem Staketenzaun dieses Jahr einen Wildzaundraht, den die gefräßig gierigen Waschbären nicht mögen werden und die Tomaten kommen ebenfalls in den trockneren Bereich des Gartens. Alles fertig auf dem Papier! Nun muss doch aber bitte endlich das Wetter Gartenfreundlicher werden, bitte! Doch nein: dicker Nebel zieht durchs Luch, die Wassertonnen sind zugefroren und ich bekomme keinen Spatenstich in die Erde. Ja und überhaupt: es ist ja erst Januar! Wie halten Das die Leute im hohen Norden nur aus? Oder meine alte Freundin Gisela, in Wisconsin? Blühen bei mir schon erste Osterglocken, liegt ihr Garten noch unter einer dicken Schneeschicht. Manchmal switche ich bei meiner Wetterapp in die Bretagne und auch dort ist es wärmer als hier, kommt der Frühling einen Monat früher. Oh, Ostaria, Göttin des Frühlings: hab Erbarmen! Ich ergreife Selbstschutzmaßnahmen, wie Kerzenschein, lustige Filme aus alter Zeit und auch die Personenwaage wurde in die dunkle Ecke hinter den Heizboiler verdammt, da sie mich ärgert und offensichtlich Spaß daran hat. Tante Fritzi, mein Kätzchen, ist meistens in meiner Nähe, verbringt neunzig Prozenz des Tages mit einem Schläfchen neben mir oder auf dem warmen Fensterbrett über dem Heizkörper. Seit die Entchen nicht mehr da sind, ist es auch sehr still im Garten geworden. Die Hühner sind entspannter, gehen brav abends in ihren beheizten Stall und legen weiterhin fleißig Eier. Kein durchdringend schrilles Geschnatter mehr in Garten und Stall, mein Komponist atmet wieder auf, da die Aufnahmen nicht mehr gefiltert werden müssen und auf keiner emotionalen Filmszene mehr das Geschnatter der sich gegenseitig von einem zum anderen Gartenende erzählenden Enten zu hören ist. Ich selbst muss mich noch daran gewöhnen, da ich doch sehr an meinen Entchen hing. Aber sie kamen alle wohlbehalten in sehr gute Hände und ich weiß, sie haben es gut dort! So vergehen die Tage des Winters und ich wünschte doch, jetzt woanders zu sein: an einem Strand mit Sonne und Wärme im Gesicht, Vorfreude auf ein gemeinsames Abendessen mit meinem Komponisten in einem Lokal mit Blick auf das Meer, anderer Akkustik, anderen Düften, ohne Sorgen… Ich trinke jetzt den letzten kalten Schluck Kaffee aus, ziehe mir den warmen Mantel über, die Mütze mit der Stirnlampe und schließe hinten das Gehege. Es ist dunkel und immernoch recht kalt. Jedoch soll wohl morgen die Sonne scheinen, hörte ich!? Also: nur Mut! Alles wird wieder gut und daran muss man einfach vertrauen! Soeben flog ein Schwarm Gänse über mein Häuschen hinweg: na, geht doch schon aufwärts! Eine Sache noch: am 2.Februar trete ich gegen Meister Winter und sein lahmes Gefolge an! Das „Stubencafé“ öffnet nochmal seine, meine Tür und ich freue mich auf viele Leute, werde backen und kochen, vielleicht auch wieder ein paar Musiker finden und den Frühling mit guter Laune in unsere Nähe locken. Liebe Grüße aus Zietenhorst!



Zietenhorst 9.1.

Manchmal soll es einfach nicht sein! Zwei Tage vor unserem geplanten Kurzurlaub am Meer, wurde der Komponist krank, nun hat es inzwischen auch den Sohn erwischt und all diese Widrichkeiten führten dazu, dass ich bis vorgestern das Zietenhorster Krankenbett hütete, der Komponist jetzt erst endlich zum Neujahrsbesuch kam und wir nun gemütlich Sofazeit in Berlin verbringen, zwischendurch fühle ich die wärmer werdende Stirn unseres Sohnes, schenke ihm ein wenig Fürsorge. Wie ihr wisst, mag ich Berlin nicht und ganz besonders nicht das neue, kaltschneuzig überhebliche Berlin. Trotzdem begleitete ich den Komponisten zum Einkauf, wappnete mich innerlich mit Anti-Agressionstraining und versuchter Gelassenheit. Unsere Fahrt im Auto führte vom Haus in Mitte zum arabischen Späti, bei dem die neuen Postzusteller jetzt sofort die ankommenden Pakete hinbringen, um sich den mühsamen Weg von Haus zu Haus zu ersparen. Ich blieb freiwillig im Auto. Vermisse ich doch die alte Zeit mit Postzusteller und Postamt (man möge bitte Nachsicht haben!) Weiter gings zu den Hackeschen Höfen zu einem japanischen Laden, in dem wir ein schlichtes Seifenschälchen für den kränkelnden Sohn Zuhause kauften und ich für mich den perfekten Pyjama in rosa Plüsch (!), für kalte Morgende in der Zietenhorster Küche. Beim Verlassen des Lifestyleladens voller sehr cooler, moderner Menschen, begann es versöhnlich zu schneien. Berlin wird dann immer etwas freundlich eingefärbt, heller und leiser. Das letzte Mal kaufte ich in dieser Gegend ein, Als unser Sohn noch recht klein war. Vieles ist verschwunden, was diese spezielle Gegend damals so bunt und vielseitig machte. Heute ist es eine Einkaufslandschaft für Kinder wohlhabender Eltern und ein etwas unpersönliches Viertel voller Touristenfallen. Einige alte Läden vermisse ich und zum Glück ist der alte Feinkostladen nur ein paar Häuser weiter gezogen, in dem ich damals schon gern einige Leckereien besorgte. Er war mäßig besucht und somit konnte ich aus dem Vollen schöpfen! Füllte den Korb mit Rosmarinschinken, Frischkäse mit Frühlingszwiebeln, feinem Käse und dieser speziellen Mousse au Chocolate. Die Verkäuferin war sehr geduldig mit meinem: “oh: und DANN hätte ich doch noch gerne…“, lächelte auch bald freundlich, wünschte mir einen schönen Abend und ich schleppte in Vorfreude auf das heutige Abendessen meine Schätze hinaus, zum dort wartenden bereits eingeschneiten Komponisten. Ein Abstecher noch zum Biomarkt, für Milch und Brot und immer wieder bin ich doch überrascht über die Preise für Nahrungsmittel OHNE Pestizide und andere Gifte. Sollte es nicht andersherum sein und die gesunden Lebensmittel billiger als die Belasteten? Wie gut, dass ich mein eigenes Obst und Gemüse anbaue, der Zietenhorster Garten auch jetzt noch genug an Palm-, Grün- und Rosenkohl, sowie einige Kartoffeln und Rüben bereithält, meine glückliche Hühnerschar Nach wie Vor täglich mehr Eier legt als ich verbrauchen kann. Die Preise für all Dies im Berliner Biomarkt sind verblüffend… Aber es war fast wie in alten Zeiten, dass wir gemeinsam einkauften, Rezepte im Kopf wälzten und das Abendessen planten. Natürlich waren im Biomarkt auch die Klischeekunden, wie laut palavernde Mütter mit ihrem noch lauteren Nachwuchs, die Diesen für Alles und Jedes mit Lob überschütten: ob fürs selbstständige Schneuzen in die Armbeuge der Luxus-Öko-Jacke oder das richtig englisch ausgesprochene Schimpfwort, blasse Mädchen vor dem veganen Regal und etwas feindlich Blickende an der Theke mit dem Fleisch, die Dir ihren Unmut gerne ins Gesicht schreien möchten, aber es machte trotz Allem Vergnügen, aus dieser Fülle eines Großstädtermarktes auszuwählen, statt immer nur die Beete im Zietenhorster Wintergarten. Inzwischen hatte es mächtig geschneit. Die Leute auf den Strassen wurden weniger, das Auto vergraben unter einer weißen Decke. Schnell den Einkauf auf den Rücksitz, Sitzheizung an, Türen zu und tatsächlich im selben Moment stießen der Komponist und ich einen wohlig, erleichterten Seufzer aus. Ich bekam, mit meiner noch von Krankheit gebeutelten Lunge kaum den Einkauf in den fünften Stock hochgetragen, schaffte es vor dem japsenden Zusammenbruch, betrat die warme Wohnung, wo schon beide Männer den restlichen Einkauf auspackten. Sprechen konnte ich noch nicht, aber mein Mann las es an meinen Augen ab: einen Kaffee und eine Stulle bitte, von dem köstlichen Brot mit Butter! Wir deckten den Tisch, aßen Schinken und Salami direkt vom Papier, freuten uns über unsere Ess-Schätze, selbst unser sehr gesundheitsbewusster Sohn verschmähte die mitgebrachten Minibouletten nicht, nahm sich etwas mit auf sein Zimmer. Sein Kopf wird wärmer, gut, dass ich noch hier bin und nicht an der Ostsee! Derweil ist nun der Komponist völlig erschöpft von ganzen Prozedere neben mir auf dem Sofa eingeschlafen. Es hat etwas sehr heimelliges und urgemütliches an sich, gleich schaue ich nochmal nach dem hustenden Sohn in seiner Gruft am Ende der Wohnung. Ja gewiss: es wäre jetzt wunderbar aus dem Fenster aufs Meer, statt auf den diesigen Fernsehturm zu sehen und die Feuerwerkskörper die einige Spaßvögel immernoch ab und zu knallen lassen, müssen auch nicht unbedingt sein, aber ich fühle mich grad sehr wohl, nachdem ich selbst Sylvester allein und im Krankenbett verbrachte. Da es hier für mich nicht soviel zu tun gibt, wie in Zietenhorst, setze ich mich später an den Anbauplan für die kommende Gartensaison. Die Gärtner haben schon ihre Jungpflanzensortimente ins Netz gesetzt, es gibt viel Neues, auch bei den Preisen! Vieles werde ich dieses Jahr wohl besser selbst aussäen, statt für eine Bio Paprikapflanze stolze sechs Euro zu bezahlen! Muss nicht sein! Mein Saatgut Zauberkistchen ist voller Samen von Gemüse meines und anderer Gärten des Vertrauens. Ich hoffe auf Dianas Melonenpflanzen, die sie mir jedes Jahr vorbeibringt, Tomatenpflanzen bekam ich letztes Jahr Viele von Detlef, dem Landschaftsgärtner aus Neuruppin, der seine Pflanzenzöglinge genauso liebt, wie jeder andere Vollblutgärtner und es ihm niemals in den Sinn käme, die schwächeren Tomatenpflänzchen auf dem Kompost zu entsorgen. Lieber verschenkt er und meine Pflegekinder waren letztes Jahr alle kräftig und schön. Vieles an Gemüse sät sich immer selbst aus, das herrliche Basilikum ließ ich ausblühen und rettete die kleinen Samen im alten Gurkenglas. Ab Ende Januar geht bereits die vereinzelte Aussaat im Haus schon wieder los: man mag es kaum glauben! Ein Ende des Winters zeigt seine Vorläufer, es geht immer wieder voran, Alles erneuert sich wieder! Ignoriert man die allgegenwärtige Angstmacherei heutzutage, geht Alles seinen gewohnten und erneuernden Gang. Auch hier geht es jetzt weiter: der Komponist ist erwachet! Wie fein! Dann gibt es bald Rouladen mit kleinen Kartöffelchen und einer Kanne heißen Kräutertee später, fürs erneute gemütliche Sofalümmeln. Auf den schrägen Fenstern liegt eine dickere Schneeschicht, aber die Zietenhorster Kamera zeigt einen wirklich tief verschneiten Garten. Kein Hühnchen ist zu sehen: sie blieben heute wohl lieber im warmen und nach frischem Stroh duftenden Stall. Bald schon wird es wieder wärmer, das Tageslicht bleibt schon länger, haltet durch und genießt die Winterzeit.



Zietenhorst, 3.1.

Noch ist Fieberzeit und trotzdem spüre ich Besserung. Da eine Frostnacht angekündigt, erhob ich mich selbstermunternd heute vom Sofa, meinem wochenlangen Krankenlager, schlüpfte in Wattemantel und Stiefel, zog die Mütze über das vom vielen Liegen verwirbelte Haar und schritt mutig in den heutigen Sonnenschein hinaus! Die tapferen Hühner hinterließen mir im nun etwas beheizten Stall wieder acht Eier (!), die Enten bequakten mich penetrant, ich solle ihnen mal jetzt neues Badewasser in ihre Schüssel füllen und entschuldigend gehorchte ich. Auf der Wiese lag noch das ganze Reisig der Kiefer, welches mir Katrin schon vor Wochen zur Abdeckung meiner Beete vorbeigebracht hatte. Es war eine große und nun doch recht anstrengende Angelegenheit, das ganze Grün dicht gestapelt über die kahlen Stengel der noch vor einigen Wochen so herrlich blühenden Dahlien zu schichten. Ich lief mehrere Male hin und her, argwöhnisch von den Hühnerdamen dabei beobachtet.  Im Herbst gab es keine Zeit, die Dahlienknollen auszugraben und da ich zur großen Freude im letzten Frühsommer entdeckte, dass die im vorherigen Herbst vergessenen Dahlien aus der Erde trieben, hoffe ich nun, dass das viele Grün die Beete etwas vor Frösten schützt. Sollte es noch frostiger werden, spanne ich zusätzlich Vlies über Alles. Was darauf folgt wird einfach eine Überraschung. Ich trug noch einen zum Glück nicht zu schweren Frostwächter in die Veranda, positionierte ihn bei den Zitronenbäumchen und freute mich über die langsam aufsteigende Wärme. Der Erzählkater, welcher wohl tatsächlich im Katzenhaus unter der Veranda wohnt, bemerkte mein Gerumpel und bat laut erzählend um eine milde Gabe! Selbstverständlich beherrscht er inzwischen das Prozedere excellent: ich gehe zum Ende der Veranda, rede ihm gut und beruhigend dabei zu, fülle das Schälchen mit Futter und einem leichten Getränk, er kommt dabei vorsichtig und mich lautstark antreibend näher, ich gehe die Veranda zurück, er schlüpft feige wieder kurz zur Tür hinaus, ich gehe ins Haus, schließe ab, er schlüpft wieder in die Veranda und genießt seine Mahlzeit. So geht es jeden Tag und ich glaube, daran wird sich nichts jemals ändern. Er ist ängstlich und sehr misstrauisch: was ihm wohl Alles passiert sein mag? Das Sofa zog mich magisch an, aber kurz darauf klopfte Nachbar Siegfried an die Tür, mit sechs Töpfchen Frühjahrsblumen vom Supermarkt. Herrliche Hyazinthen und Osterglöckchen werden dann wohl in zwei Wochen bei mir blühen und schon Frühlingsduft in der Stube verteilen. Der Kuchengarten befindet sich immWinterschlaf. Doch an einigen Stellen sah ich heute erste Triebe von Osterglocken und Krokussen: kann Das sein? Es ist gerade Januar, aber dieser Winter ist sehr mild im Vergleich zu den Frösten die wir in den letzten zwei Wintern hier manchmal hatten. Nächste Woche werden es wohl minus vier Grad die Nacht. Also decke ich vorsichtshalber nochmal Alles gut ab und fahre am Montag mit meinem geliebten Menschen auf meine Heimatinsel, Rügen. Das Meer wird guttun und heilen! Ebenso der Ostseedorsch mit Bratkartoffeln und Remoulade im Lokal neben unserer Villa. Gegenüber Fischer Kuse mit seinen legendären Fischbrötchen, welches die streng aussehende, aber total liebe stark tätowierte Blonde über die Theke reicht. Ich vermisse Das manchmal in meiner selbsterwählten Zietenhorster Einsamkeit. Ich freue mich auf den Blick vom Fenster aus auf die Bucht, hinten links Sassnitz und die Kreidefelsen, leises Plätschern der eher sanften Ostsee. Im Winter ist unser Lieblings Weinlokal geschlossen, aber wir kochen und bringen den Wein dazu mit. Das Erste was ich tue, seit über zwanzig Jahren, betrete ich die Wohnung: ich gehe durch die Stube, öffne das Fenster zur Ostsee, schließe meine Augen und atme tief durch. Es ist Nebensaison, die Villenbesitzer residieren in ihren Hamburger Villen, der Ort ist fast wieder in einheimischer Hand, die Sylvesterberliner sind abgereist: Frieden und Ruhe! Ein paar Tage lang, dann geht es mit erholter Lunge zurück. Der Komponist muss komponieren, die Bäckerin wird die Weihnachtsdeko wieder in die Schlummerkisten packen und darauf warten, dass es entweder bitteschön nochmal schneit, oder dass es dann bald Frühling wird. Auch ein neues Stubencafé muss noch ausgerichtet werden, sowie ein Spieleabend, der hervorragend geeignet ist um eventuell aufkommende Winterschwermut zu vertreiben! Es geht immer recht albern dabei zu und ich erinnere mich gern an einen dieser Abende, bei dem ich mir ganz sicher war, dass die neben mir sitzende Eva alle meine Antworten bei „Stadt, Land, Fluß, Scheidungsgrund“ abschrieb, sie aber erwartungsgemäß und vollem schauspielerischen Einsatz dies leugnete! Ich bin mir bis heute ganz sicher, dass sie von meinem Zettel abschmulte! Wir hatten großen Spaß. Vielen Leuten muss ich noch schreiben, mich für die vielen Neujahrswünsche bedanken, manchen aufmunternden Trost geben. Tante Fritzi und ich werden jetzt zu Bett gehen, den abendlichen Hustenanfall abwarten und dann schlafen. Morgen soll wieder etwas Sonne scheinen, leider ist der Schnee abgesagt. Liebe Grüße aus Zietenhorst!



Zietenhorst, 31.12.

Nun ist er da, der letzte Tag eines seltsamen Jahres. Wirklich Nichts, hat sich zum Besseren verändert, eher das Gegenteil ist der Fall. Menschen versinken in Nöten und Armut, während sich Etablierte und andere „Weltretter“ die Taschen vollstopfen… Abgesehen von forcierten und durch noch mehr Waffenlieferungen in Schach gehaltene Kriege, war Dies auch ein Jahr des Hasses und der Spaltung der Gesellschaft. Inzwischen wird man auch, zu meiner unerfreulichen Überraschung von Menschen die mich nicht kennen und welche vom Alter her meine Kinder sein könnten, auf Grund seines Geburtsjahres verspottet und beschimpft (mir ist schleierhaft: warum!?) Ich bin also ein „Boomer“ und daher wohl Schuld an allem Schlechten, angeblicher Klimakatastrophe und diversen anderen Dingen, von denen ich noch nie was gehört hatte. Es sind die Selben, welche meinen, das Männer Kinder gebären und stillen können und welche unsere Sprache am Liebsten ganz beseitigen würden. Wir leben in einer eigenartigen Epoche, mit Manipulation durch die Medien, das Internet, selbsternannter Erdenretter. Ich schaue mir Das von allen Seiten an, wundere mich über so unendlich viel Überheblichkeit und so viel Empathielosigkeit in unserer Zeit. Seit vielen Jahren besitze ich kein Radio und keinen Fernseher mehr seit ich sehe, wieviel Angst durch dieses Medium nicht nur meinen alten Eltern gemacht wurde und die immer noch daran glauben, objektive Informationen zu konsumieren. Ist man aus Allem raus, bildet sich eine andere, eigene Sichtweise auf das Geschehen und ich werde es auch zukünftig dabei belassen. Die Rechthaberei einiger Menschen geht mir auf die Nerven! Zumindest scheint heute, am letzten Tag, die Sonne ein wenig durch die streifigen Wolkenfetzen des Zietenhorster Himmels. Ich nehme brav meine vielen verschiedenen Vitamine und Nährstoffe ein, denn OH JA, ich bin immernoch krank! Seit nunmehr sechs Wochen huste und schniefe ich, zwischendurch ging es mir besser, aber seit fünf Tagen liege ich nun wieder mit Fieber auf dem Sofa, bringe es mit Mühe gerade so fertig, morgens und abends das Federvieh zu füttern und in den Stall zu schließen, huste in der feuchten Luft des winterlichen Luchs wie ein alter Seemann und bin erleichtert, erreiche ich lebend wieder das Haus! Gestern kam mein Komponist entgegen meiner Ansage zu mir in die Einöde, um mir kleine Brote zu rösten, mit Butter und der feinen Marmelade des Sommergartens. Er hat Holz gestapelt neben den Kamin gelegt, leistete mir buchlesend Gesellschaft auf dem Sofa, ließ mich heute ausschlafen. Mein Fieber ist etwas hinunter gegangen, ist jetzt bei erträglichen 37,7 Grad Körpertemperatur angekommen: es wird heute Abend wieder steigen, das sagt mir mein kleines Rauschen im Ohr. Ich schwitze das alte, seltsame Jahr raus, ächze, wenn ich das Sofa mit dem Daunenbett kurz verlassen muss und ab und zu bemitleide ich mich selbst. Seit sechs Wochen diese Strapaze! Meine Ärztin des Vertrauens praktiziert in Berlin, ich muss wohl im neuen Jahr zu ihr. Nun ist mein Komponist schon fast in Berlin angekommen, er sträubte sich, mich allein zu lassen, aber unseren Sohn können und wollen wir nicht an diesem Tag allein lassen. Auch der Stadtbezirk in dem wir unsere Wohnung haben, ist auch schon einige Zeit nicht mehr so sicher wie er mal war und somit ist es mir lieber, sollte etwas passieren… in Zietenhorst bin ich sicher. Ich kenne meine Nachbarn und ich weiß wen ich anrufen kann, geht es mir nicht gut. Von Weihnachten ist noch so viel Essen da, dass ich glatt Wochen mit Übergewichtspflege überleben könnte, das Katzenfutter traf heute noch vorrätig für Tante Fritzi und den ängstlichen Erzählkater ein. Wir mummeln uns heut ein, ich werde meine Serie weiterschauen und durch das Fieber dann irgendwann einschlafen, um im neuen Jahr aufzuwachen. Vielleicht geht es mir ja morgen schon besser? In einer Woche möchte ich auf meine Heimatinsel, frische Seeluft in meine geschundene arme Lunge einsaugen. Ich bekam eine Erhöhung meiner Krankenkasse und überhaupt Verteuerungen von Diesem und Jenen, frage mich: warum? Ist der Service besser geworden? Bekomme ich jetzt besseren Luxusstrom oder wurde auf meinem Grundstück eine Goldader entdeckt? Ich verstehe diesen ärgerlichen Quatsch nicht. Kommt vielleicht daher, dass ich ein „Boomer“ bin und in einer Zeit aufwuchs, wo man noch mit Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft lebte, sich sogar darauf freute und irgendwie auch dachte, es gäbe Politiker, die sich für die Menschen in ihrem Land interessierten und den Eid auf die Verfassung ernst nahmen. Das ist lange her und ich bin gespannt, welche dummen Scherze 2025 noch bereithält. Vielleicht aber auch, beginnen wieder einige Menschen nachzudenken, zu zweifeln, zu hinterfragen und selbst Entscheidungen zu treffen, ohne feige einfach Alles hinzunehmen wie es ist? Ich hoffe darauf, bin weder links noch rechts, oben, unten, gehöre keiner Farbe an und lasse mich in keine Schachtel zwängen. Ich bleibe ich selbst, verlasse mich auf meine Intuition, mein Bauchgefühl, meinen Menschenverstand, lehne Unsinn und Überheblichkeit ab, versuche mit meinen Mitteln etwas Gutes und Schönes zu erhalten und zu schaffen. Bei mir sind ALLE willkommen, die nicht Alles ideologisieren oder Andere verspotten und mit Hass übergießen, die eine andere Meinung haben! Sowas passt nicht in MEIN Weltbild einer demokratischen Gesellschaft. Als Antifaschistin lehne ich JEDE Farbe des Faschismus ab! Ich bin ein freies Individuum und in diesem Sinne wünsche ich allen Menschen da draußen, mit all ihren Wünschen, Hoffnungen, ihrer Verzweiflung und ihren Sorgen: ein hoffnungsvolles, gutes und gemeinsam menschlich verbindendes, statt spaltendes 2025! Passen Sie gut auf sich und ihre Lieben auf, haben Sie Mut zu ihrem Denken und seien Sie sich gewiss: es gibt MEHR gute Menschen, als Schlechte, man sieht sie manchmal nicht auf den ersten Blick ♥️



Zietenhorst, 19.12.

Ich kam nicht dazu, Gedanken zu sammeln und sie niederzuschreiben. Immernoch erkältet und immernoch etwas schwach. In Zietenhorst herrscht Stille und es fühlt sich, wie immer, etwas dunkel an. Letztes Jahr hatte meine Lichterkette am Zaun noch alle seine Lichter, dieses Jahr erlischt ein Meter nach dem Anderen: wie eine Metapher zum Zustand in unserem Land. Ich hatte noch keine Kraft und irgendwie auch keine Motivation, die dreißig Meter Kabel abzurollen und eine neue Lichterkette umzuwickeln. Diese liegt seit vier Wochen in meiner Veranda, bereit zum Einsatz. Aber den großen gelben Herrnhuter Stern konnte ich an die Fahnenstange des Cafés hängen! Hübsch leuchtet er schon von Weitem und da das Licht draußen permanent dunkelgrau wabert, bleibt der Stern Tag und Nacht als freundliche Erhellung leuchten. Unsere kleine Siedlung mit nur 46 Einwohnern befindet sich im Winterschlaf. Mein guter Nachbar Siegfried kommt ab und zu hinüber in mein Weihnachtshaus. Wir trinken Tee und erzählen uns Geschichten, planen Projekte für das kommende Jahr, helfen uns und Anderen, welche auch krank sind oder in Genesung. Trotz verschleppter Erkältung absolvierten wir noch zwei Stubencafés in meinem Häuschen. Gut besucht waren sie und ich spürte, wie sehr sich doch Alle nach wieder etwas Normalität sehnen. Ich genoß das Stimmengemurmel und das Lachen vieler Leute in meinem sonst so stillen Wohnzimmer, Freundinnen banden sich die Schürzen aus dem Sommercafé um und füllten fröhlich Kaffee und Tee in Tassen und Kännchen, Kuchen wurde genossen und eine recht neue Bekanntschaft von mir kam zum zweiten Mal mit ihren wunderbaren Kindern, welche sich begeistert an das Aufräumen meines alten Puppenhauses im Arbeitszimmer machten, später spielend vom nachkommenden Papa unterstützt. Nun trägt das Puppenhaus eine kindliche Handschrift, Alles wurde so eingerichtet, wie es eben nur Kinder mit ihrer wunderbaren Fantasie gestalten können. Letzten Sonntag war ich kurz auf dem Weihnachtsmarkt in Karwe, einem wirklich hübschen Örtchen unserer Fontane-Landschaft. Alles war voller Menschen, die Luft duftete nach Gebratenem und Glühwein, die große alte Scheune leuchtete von unendlich vielen Lichterketten, Menschen schoben sich von Stand zu Stand. Während ich mir die vielen selbstgemachten Dinge ansah, griff mich jemand freundlich am Arm: Claudia, die mit ihrem Mann einen Hof voller Tiere betreibt, die ich mit Mütze, Schal und dicker Jacke erst garnicht erkannte. Auch sie hatte einen Stand und wie jedes Jahr boten ihr Mann und sie wieder schöne Dinge aus Holz an: Brettchen, Häuschen, Engel und auch Honig. Letztes Jahr erwarb ich ein Brettchen in Apfelform, nun habe ich auch eine Birne aus dem Holz ihres gefällten alten Birnbaums. Aus dem selben Holz steht jetzt auch eine kleine Häusergruppe auf meinem Tisch, die kleinen Bienenwachskerzen verschenke ich an Freunde zu Weihnachten. Nach einer kleinen Plauderei zog ich weiter, traf noch einige alte Bekannte und musste schon wieder zurück, nach Zietenhorst, da der Frau meines motorisierten Nachbarn recht kalt war. Da ich keinen Führerschein habe, ergebe ich mich dem Mitfahrerschicksal. In den letzten Tagen schmückte ich mein Häuschen überladend mit Herrnhuter Sternen vieler Farben und Größen, jeden Abend leuchtet ein Lichtermeer in der wieder ruhigen Stube. Ich genieße diese Stille, das leise Rauschen der Heizung, das Heulen und Tosen der Windböen draussen: nur unterbrochen vom Miauen des roten Erzählkaters vor der Verandatür, der nun mittlerweile sogar ins Haus kommt und sich erzählend mir gegenüber aud den Teppich legt, während ich auf dem Sofa einen Film sehe oder telefoniere. Ein neuer Kater, den ich bisher noch nicht kannte, hat wohl auch gehört, dass es hier ein hübsches warmes Stübchen in der Gegend gibt! Ich sah vorgestern nur ein paar gelbe Augen hinter der Scheibe. Da die Tür geöffnet war, bewegte sich bald ein dicker schwarzer Kater ins Zimmer, beobachtete mich, ging schnuppernd einmal durchs Zimmer, setzte sich im Sicherheitsabstand mir gegenüber, verschwand wieder. Gestern Abend hatte ich wieder den immernoch etwas scheuen Erzählkater zu Gast, die Verandatür einen Katzenspalt geöffnet, ich las gerade Nachrichten von Freunden und Bekannten, blickte auf wegen des Gefühls, beobachtet zu werden. Der schwarze Kater saß zufrieden eingerollt unter meinem Weihnachtsbaum, blinzelte mir freundlich zu. Eine halbe Stunde land führten wir ein Gedankengespräch, dann flutschte er zurück in die schwarze Nacht, der Erzählkater kam wieder unter dem Herd hervor und verabschiedete sich ebenfalls, meine Tante Fritzi lag schon schlafend seit Stunden auf dem warmen Fensterbrett des Schlafzimmers und kam dann schnurrend an meine Seite. Bis morgens um Fünf lag ich wach, machte mir Gedanken über die Krankheit meiner Mutter, trauerte ein wenig über den Verlust meines ältesten Sohnes vor nunmehr acht Jahren, überlegte, wie ich im kommenden Jahr Einiges verbessern könne. Auf jeden Fall bescherte mir dieses Gedankenkarussel eine schlaflose Nacht, mein folgender Schlaf war viel zu kurz. Tatsächlich aber, kam vor zehn Minuten nach einem kurzen Regenschauer die Sonne etwas hervor. Tief steht sie, die Wintersonne so kurz vor der Wintersonnenwende, die dann langsam die Zeit der Raunächte einleitet. Sie scheint mir direkt ins Gesicht und wie sehr doch anders ist dieses Licht im Sommer, wenn ich zu dieser Zeit im Garten den Tisch für ein Mittagessen decke und darauf achten muss, dass die Hühnerschar dies nicht gleich mitbekommt! Fünf meiner immernoch fleißig eierlegenden Hühnchen stehen gerade an der Verandatür und möchten bitteschön ins Zimmer gelassen werden. Das keckeste weiße Huhn, klopft sogar jeden Tag an die Scheibe, während hinter ihr die wartende Meute lauert. Hühner sind neugierig und schlau. Das weiße Huhn weiß, dass in der Katzenkältebox für den scheuen Erzählkater ein Schälchen Katzenfutter steht und hat schnell begriffen, dass der Kater Angst vor Hühnern hat: sie reckt nur kurz den Hals, gackert einmal gelandweilt und der Kater flüchtet. SIE steigt in die Kältebox und macht sich über sein Essen her! Nein, die Hühner müssen draußen bleiben! Außerdem habe ich noch Vieles zu erledigen, da ich kurz vor Weihnachten noch zu meinem alten Vater fahre und hoffe, dass die Bahn durchfährt, keine technische Panne unterwegs hat und ich ohne Gefahr über die Elbbrücke in Bad Schandau komme, um weiter mit dem Bus über den Berg durch die kleinen Erzgebirgischen Dörfer bis zu meinem Vater zu gelangen. Ein Abenteuer! Hoffentlich fährt am 24. auch der Zug pünktlich zurück…

Heute backe ich also noch Vanillekipferl, schreibe die Weihnachtskarten, packe mein Köfferchen. . Mein Mann rief mich aus seiner Heimatstadt Freiburg an, wo er ein kleines Geschenk im japanischen Laden für unseren Sohn gekauft hat. Im Hintergrund hörte ich das fröhliche Plaudern meiner badischen Schwiegermutter, eine Freundin wurde zufällig gesichtet. Gleich geht es auf den Münstermarkt, eine „Lange Rote“ essen! Wie gern wäre ich jetzt dort! In Freiburg ist die Welt noch in Ordnung: es gibt einen Praxisstop, wegen ZUVIELER (!) Arztpraxen, die Stadt ist reich, badische Unverdrossenheit, weinselig! Brandenburger Verhältnisse muten dort wie eine erfundene Geschichte an, die man auch nicht bereit ist zu glauben (in der Badischen Zeitung stehen ja auch nur einseitige Meinungsbilder über Brandenburg). Aber trotz dieser naiven Weltfremdheit der wohlhabenden Baden-Württemberger bin ich sehr gern dort, genieße Friede, Freude, Eierkuchen, den Singsang dieses seltsamen Dialektes, Freiburgs Gässchen mit den vielen kleinen zauberhaften Geschäften, den Münstermarkt mit den vielen Gerüchen nach Blumen, Gemüse und den „Langen Roten“, schlendere so gern zu meinem Lieblingscafé mit den herrlichen Auslagen im Schaufenster, gehe etwas nostalgisch wehmütig am Spielzeugladen „Holzpferd“ vorbei, wo ich so Vieles für meine damals noch kleinen Kinder kaufte und was jetzt in Kisten andere Kinder bei mir erfreut, biege ab nach rechts, wo das große Bächle mit dem Krokodil plätschert und der japanische Laden kommt. Eine Stadt voller Leben und (noch) Wohlstand. Ich hoffe, es bleibt so und der Rest unserer Städte erholt sich irgendwann wieder vom Chaos. Genug geklagt für heute! Ich hole die Butter und mache den Teig für die Vanillekipferl. Werde dazu die alten Weihnachtslieder hören, gegen das Vergessen. Niemand hört mich, manche Textzeilen habe ich verloren, aber egal! Bei MIR ist Weihnachten und kein Merry X-Mas oder Was auch immer! Ich schau mal, was Tante Fritzi macht, rufe meine Mutter an und hoffe, Euch Allen geht es gut, Ihr seid einigermaßen gesund und habt es warm! Seid nett zueinander und habt schöne besinnliche Tage vor Weihnachten. Ein lieber Gruß aus dem stillen Zietenhorst.



Zietenhorst, 26.11.

Tante Fritzi (mein Kätzchen) und ich genießen das Flackern und Knistern des Kaminfeuers. Schön gemütlich ist Das und ließ mich vorhin tief einschlafen. Noch immer bin ich sehr schwach, huste ab und zu bellend, aber das Halsweh und Fieber sind fort. Nach einer ganzen Woche im Nachthemd trage ich seit gestern wieder richtige Kleidung und kräpel ein wenig in der Stube herum. Lästig, wenn man sich alle paar Schrittchen wieder hinsetzen muss! Nun liegt auch mein hilfreicher Nachbar mit einer anderen Krankheit nieder, wir konnten heute keinen gemeinsamen Nachmittagstee zelebrieren. Dabei habe ich doch so viele wunderbare Tees in meinem Küchenschrank und tauschte, als eingefleischte Kaffeetrinkerin, jetzt schon öfter mein Lieblingsgetränk gegen einen feinen Earl Grey aus. Einen kleinen Spatziergang im sonnigen Garten konnte ich heute machen, sah nach den Pflanzen, Bäumen und auch nach den Zitronen im großen Gewächshaus. Sie reifen hervorragend und morgen ernte ich mir eine reife Frucht von „Buddhas Hand“, brühe mir den Tee auf und aromatisiere ihn mit einem kleinen Teil dieser herrlichen Frucht! Die recht gefräßigen Hühner ließen mir etwas Rosenkohl an den Pflanzen im Beet, das Mangold sieht wie ein traurig gerupftes Gestänge aus. Hauptsache aber ist, dass es den Hühnern gut geht. Sie legen immernoch fleißig Eier, was mich heute veranlasste DREI Frühstückseier zu verspeisen. Wohin mit all den Eiern? Senfeier…. kennt Ihr sie noch? Eines meiner Lieblingsgerichte aus meiner Kindheit, mit Pellkartoffeln und der köstlichen süßsauren Senfsoße. Alle zwei Wochen gab es laut Essensplan meiner Schule dieses Gericht, für mich bedeutete es: kein Pudding zum Nachtisch, da ich meine Nachspeise gegen die hartgekochten Eier einer Mitschülerin eintauschte, die Eier nicht mochte. Mir brachte es einmal sogar sechs Eier ein und ein paar heftige Bauchschmerzen. Das war es mir aber allemal Wert! Im Winter gab es auch diese Kohlsuppe mit Kümmel und Kartoffeln, oder auch „falschen Hasen“ mit Kartoffelpüree und Erbsen. Nur Spinat und Milchreis mochte ich nie! Wie gut, als wir alle noch selbstverständlich Schulessen bekamen, das satt machte und schmecke. Also, morgen mache ich mir Senfeier und übermorgen einige Eierkuchen, die man ja auch sehr gut kalt essen kann. Ab Donnerstag werden dann die Eier zum Backen meiner Kuchen gesammelt und ich habe während meiner Bettlägerichkeit so viele schöne Rezepte in meinen Lieblingsbackbüchern entdeckt! Hoffentlich kommen ein paar Gäste zum Stubencafé? So viele Leute sind krank, aber ich MUSS einfach mal wieder backen! Habe es letzte Woche doch vermisst. Ich lege noch etwas Holz nach, Tante Fritzi blinzelt mir zu und schläft weiter. Erste Adventspäckchen gingen heute auf die Reise, mit Adventskalendern und etwas Stollen, ein paar frischen Tannenzweigen, Bienenwachskerzen und meinem Vater gab ich noch den kleinen Kerzenhalter mit dem geschnitzten Zwerglein ins Paket dazu. Das wird ihn erfreuen und ich habe noch darauf hingewiesen, dass beim Adventskalender immer nur EINE Schokolade pro Tag aus dem Türchen geholt wird. Derweil ist mein Mann in Berlin weiterhin mit seiner Grippe beschäftigt, ächzt, schnieft und stöhnt am Telefon, dass es das Herz erweicht! Ich konnte ihn trösten, dass Alles wieder gut wird. Aber hartgesotten ist dieses Virus tatsächlich. Über eine Woche meines Lebens verbrachte ich jetzt im Bett und bin noch nicht wieder ganz gesund. Nehme weiterhin alle meine Vitamine und Mineralien, setze mich brav wieder auf das Sofa, wird mir schwindlig. Der Tante Fritzi gefällt Das. Sie ist schon lange im Wintermodus, wird immer dicker und schläft ständig. Soll sie ruhig schlafen. Bis zum Frühjahr, wo sie wieder wie ein geölter Blitz durch den Garten flitzen kann ist es noch lang. Ich suche ein oder zwei kleine Kätzchen, als Spielgefährten für sie. Der Abschied von unserem guten alten Kater Felix hat auch sie etwas einsam fühlen lassen. Ich mache mich auf die Suche und vielleicht finde ich ja ein neues Katerchen und ein Kätzchen, um wieder etwas mehr Bewegung ins Haus zu bekommen. Falls Jemand etwas weiß, kann er oder sie mir schreiben: ich suche junge Tiere, um sie besser an uns gewöhnen zu können. Nun wird es aber Zeit für einen Kräutertee! Ich überarbeite nochmal meinen Backplan für den Samstag und freue mich sehr auf den Sonntag, wenn meine Stube wieder zum kleinen Café umfunktioniert wird, ich meine Schürze umbinden und meine Gäste mit leckeren Kuchen und duftenden Kaffee verwöhnen kann! Herzlich Willkommen und bleiben Sie unbedingt gesund! Liebe Grüße aus Zietenhorst.



Zietenhorst, 22.11.

Eine Woche lang pflegte mich mein tapferer Komponist, brachte mir geschälte Mandarinen und Tee ans Krankenlager, versorgte mich mit Schokoladenpudding, Aufmunterung, tröstenden Worten, während ich bellend wie ein alter Seebär das Sofa gegenüber des Kamins belagerte. Seit heute nun ist meine Temperatur wieder normal, ich konnte kurz aufstehen und überhaupt scheint das Gröbste überstanden zu sein! Gestern fuhr mein Ritter gen Berlin, um unserem Sohn nicht zu lang die Wohnung allein zu überlassen, wollte heute mit Medizin und neuem Puddingvorrat wiederkommen, aber er verspürt dieses unbehagliche Kratzen im Hals, liegt schon auf dem Berliner Sofa, versorgt mit Vitaminen und Tee. Ich hoffe, dass es ihn nicht so schlimm wie mich erwischt, aber er hat gute Chancen, da er keinen Impfschaden davongetragen und daher sein Immunsystem noch normal arbeitet. Kurz vor meiner Grippeerkrankung erhielt ich das bangend erwartete Blutergebnis meiner Ärztin des Vertrauens (davon gibt es für mich nicht mehr Viele) und erfuhr, dass mein Spyke Proteinwert von unfassbaren 1690 im Februar auf 904 reduziert wurde: normaler Maximalwert ist bei 33! Ein langer Weg bis hierher, mit abfälligen Bemerkungen über meine Erkrankung durch Ärzte und Andere, bis zu Diffarmierungen als „Verschwöhrungstheoretikerin“, da es ja Sowas garnicht gibt 😉 Ich habs Schwarz auf Weiß und bin froh, diese letzten gesundheitlich schlimmen Jahre gut überstanden zu haben und eine Verbesserung zu sehen, da ich mir von Einem der als Spinner Beschimpften ein Medikament besorgte. Brav nehme ich es jeden Tag, recherchierte, recherchiere immernoch und zur großen Überraschung Einiger kommt nun immer mehr ans Licht, wieviele Menschen durch diese Impfung Schaden nahmen, so wie ich. Ich schreibe Dies hier, da Nach wie Vor Alles schöngeredet oder überhaupt nicht darüber gesprochen wird. Man nimmt sogar diese Mediziner und Pharmaindustriellen in Schutz: nicht aber die Geschädigten! Musste mal gesagt werden! Werde ich krank und auch nur leicht erkältet, kippt es mich um! Deshalb bitte ich um Verständnis, dass ich manchmal die Reißleine ziehen muss, da es mich sehr entkräftet. Das Stubencafé habe ich für übermorgen auf den 1.Advent verschoben, um wieder zu Kräften zu kommen. Ein wenig Ruhe brauche ich noch und freue mich, dass es mir wieder etwas besser geht! Nur kurz ging ich heute durch den Garten, den langen wattierten Mantel über mein Nachthemd gezogen, mit Mütze und dicken Stiefeln. Ein wenig Sonne kam durch, die Enten schimpften ein wenig, wo ich denn die ganze Woche gewesen wäre und die Hühner rannten mir allesamt hinterher. Nachdem das Licht im Stall repariert und etwas frisches Einstreu verteilt war, musste ich aber wieder zurück in mein gemütlich warmes Krankenlager. Auf dem Beistelltisch steht noch die schöne blauweiße Kanne mit Kräutertee, die mir mein nun auch kränkelnder Mann noch gestern hinstellte, ehe er nach Berlin fuhr.  Kalt schmeckt der Tee aus Minze, Himbeerblättern, Ringelblumen und anderen Kräutern aus meinem Sommergarten immernoch, ich brühe mir aber gleich eine neue Kanne auf. Mein guter Nachbar Siegfried kam soeben mit leuchtender Stirnlampe kurz hinein, überreichte mir das rettende Mittelchen für einen hustenfreien Nachtschlaf aus der Apotheke, brachte die Pakete mit frischem Obst und ersten Vorräten für die kommende Weihnachtszeit ins Café und sagt nun dem braven Federvieh im Stall Gute Nacht, schließt das Gehege, damit ich jetzt im Warmen bleiben kann. So einentollen Nachbarn habe ich!!! Ich setze Wasser auf und anstatt eines Schokoladenpuddings gibts heute mal was „Anständiges“ zu essen: Rührei mit Kräutern und einem Butterbrot! Freude darüber, wieder etwas Kraft zu spüren und Hoffnung auf weitere gute Genesung. Die Katze Fritzi weicht nicht von meiner Seite, scheint aber auch erleichtert, dass sie bald nicht mehr den Dienst der Nachtschwester für mich übernehmen muss. Wie gern wäre ich jetzt in Norwegen…. Es hat noch Zeit und die Polarlichter sind im Februar auch noch dort. Während ich nun die Woche über auf dem gemütlichen Sofa verschlief, suchte ich in den Wachphasen viele neue Backrezepte heraus, die es auszuprobieren gilt! Ein paar Kleinigkeiten muss ich, wie immer, ändern oder Zutaten ersetzen, aber schauen wir mal, ob nichht ein neuer Lieblingskuchen darunter ist. Zuerst muss ich unbedingt diese norwegischen Zimtschnecken am Mittwoch ausprobieren, die ich im neuen norwegischen Backbuch fand. Das Ergebnis gibt es dann am 1.Advent, zum Stubencafé. Auch Gewürzkuchen und mir ist schon so nach Plätzchen zumute… Wer von Euch auch krank ist, dem wünsche ich GUTE BESSERUNG! Bleibt tapfer und tut Euch Gutes! Liebe Grüße aus Zietenhorst!



Zietenhorst, 19.11.

Ja, ich weiss…. Lange her, dass ich mich meldete. Seit meinem letzten Eintrag ist Vieles passiert! Nicht nur eine US Wahl und der Niedergang der „Ampel“ bei uns, welches aber nicht (nicht wie Woanders) zu sofortigen Neuwahlen oder sofortiger Neubildung der Regierung führt, auch im kleinen Kuchengarten war Viel los! Das erste Stubencafé fand statt, das große Gewächshaus wurde winterfest gemacht, ebenso das Gartencafé und die Zitronenbäume wanderten ins Winterquartier. Die Zitronenernte steht an und ich bin doch etwas stolz auf meine exotische „Buddhas Hand“, welche diesen Winter das erste Mal reichlich trägt. Eine wunderbare Frucht, mit der ich Zucker und Tee aromatisiere, ebenso macht sich diese Zitrone hervorragend an heller Spaghettisauce. Alles ist nun auf die Vorweihnachtszeit bei mir eingestellt: erzgebirgische Engelchen und Zapfenzwerge wagen sich schon aus Einigen meiner unzähligen Kisten, die Pyramiden warten geduldig auf ihren baldigen Einsatz. Da meine Zeit auch dieses Jahr nur für den Garten und die Erledigung liegengelassener Übel, wie Steuererklärung und zum Glück auch erfreulicherer Dinge reicht, schaffe ich es natürlich wieder nicht, einen Kranz für Tisch und Tür zu binden. Zum Glück gibt es talentierte Menschen, die über das Internet ihre Kunstwerke aus Wacholder, Fichte und Hagebutten anbieten. Ich könnte das ganze Haus mit frischen Kränzen schmücken, mag diesen Duft in Erinnerungen an alter Zeiten, wo noch Alles irgendwie funktionierte und gut war. Meine Duftlampe verströmt den Duft von Orangen, Zimt und Weihrauch: aber nur, wenn mein Mann in der Berliner Wohnung ist! Er mag keine starken Gerüche, aber schätzt die weihnachtliche Gemütlichkeit der Zietenhorster Stube, da im Berliner Zimmer männlicher Purismus herrscht. Ich gab schon Kerzen, Kränze, sogar schöne alte Christbaumkugeln in die Obhut von Mann und Sohn, mit dem Effekt, dass der Adventskranz den ich sicherheitshalber selbst auf den Tisch legte, von mir selbst im darauffolgenden August wieder entfernt wurde! Nun, nicht Jeder liebt die Dekoration und das Schmücken so wie ich. Kommt mein Mann nach einigen Tagen der Berliner Schmucklosigkeit nach Zietenhorst, freut er sich auf Kaffee, einen Pudding und den knisternden Kamin beim Sofa. Mein Kühlschrank ist bestens gefüllt, da ich hier (ohne Führerschein) Alles doppelt und auf guten Vorrat haben muss. Öffne ich den Berliner Kühlschrank, suche ich vergeblich Milch oder überhaupt Kaffee, Butter oder Anderes was schmeckt: mich grüßen aus der kalten, einsamen Höhle irgendwelche japanischen Pasten, ein wenig Obst oder Gemüse und eine Flasche kalter Kräutertee. Es finden sich in den Schränken weder auch nur ein Gramm Zucker oder Kakao. Unser Sohn lebt sehr gesund (!) Umso fröhlicher genießen mein Mann und ich Alles was schmeckt und grad sehr, sehr verpönt ist! Bevor er wieder zurück nach Berlin fuhr, bauten wir noch das kleine Festzelt für den Markt auf, holten die Glühweinkocher aus dem Lager, bastelten eine Lichterkette um das Gestänge auf der Wiese und am Samstag kam eine Übernachtungsfreundin, backe mit mir viel zu viele Kuchen für das sonntägliche erste Stubencafé. So viele Leute kamen, die Stimmung ganz hervorragend, bekannte Stammgäste vom Sommer, wie auch neue Gesichter. Sogar Heinz kam, hatte wie im Sommer seine Tupperbox für anschließende zwei Stück Kuchen dabei und Moni brachte mir ein neues Fläschchen kostbaren Öls für meine Duftlampe. Axel kam mit seiner Band, die garnicht lang fackelte und sofort Musik spielte. Eine herrliche Stimmung bei Allen in meiner vollgestopften Stube, wo auch noch behaglich der Kamin knisterte. Kommenden Sonntag gibt es nun das nächste Stubencafé, aber ohne Markt. Ich werde den Kakao vorbereiten, Kuchen und Zimtschnecken backen, es gibt Kürbissuppe. Im Moment allerdings, muss ich noch das Bett hüten: eine heftige Erkältung zwingt mich dazu. Ich sehe es gelassen, lasse mich bekochen und umsorgen, wagte heute schon nach drei Tagen im Bett einen vorsichtigen Gang durch den verschneiten Garten. Leider blieb der Schnee nicht liegen, aber schön wars und ein kleiner Vorgeschmack auf den hoffentlich etwas schneereicheren Winter. Gleich kommt mein Mann und kocht mir eine Kanne Tee aus Kräutern meiner Pflanzen, der meinen Husten etwas lösen sollen. Bis Samstag bin ich wieder auf den Beinen und am Sonntag füllt sich die warme Stube wieder mit fröhlichem Geplauder. Schon wird es dunkel draußen. Endlich Zeit, um wieder ein gutes Buch zu lesen.



Zietenhorst, 30.10.

Letzten Mittwoch ging es dem alten kranken Kater so schlecht, dass ich schließlich diese schaurige Entscheidung treffen musste, um ihn von seinem Leiden zu erlösen. Es war schwer… Er fehlt mir und auch der Katze Fritzi. Abends kam mein Mann, nachdem ich ihm am Telefon mein Unglück schilderte. Wir haben Felix anständig begraben: im Dunkeln und Schein der Stirnlampe. Der nächste Tag war ungewohnt, da der Kater nicht auf seinem Sofa lag. Ich packte meinen Koffer, räumte ein wenig hin und her, abends fuhren mein Mann und ich los nach Berlin. Unser Sohn hatte gekocht, war etwas nervös, denn am Freitag ging es los zum Flughafen, Abflug nach Oslo. Bei so viel Aufregung kam ich nicht zum Trauern, Das holte ich erst vorgestern auf einem einsamen hohen Berg auf einer norwegischen Insel nach. Der Flug war entspannt, unser Sohn (für den es erst seine zweite Flugreise war) schaute sehr interessiert aus dem Fenster und jedes Mal ist es doch so besonders, die Wolken von oben zu sehen, den klaren blauen Himmel über sich zu haben an dem immer die Sonne scheint. Beim Ausstieg aus dem Flieger in Oslo, fiel mir sofort die klare und leichte Luft auf. Drei Wochen lang hatte meine asthmatische Lunge mit Husten und Kurzatmigkeit im feuchten Zietenhorst gekämpft, HIER bekam ich wieder Luft! So erdrückend und altbacken der Berliner Flughafen wirkt, umso leichter und modern jeder andere Flughafen woanders! Der Osloer Flughafen war ruhig, entspannt und voller Menschen, die offensichtlich kaum Probleme haben. Schon im Flieger konnte man unterscheiden zwischen gestressten Deutschen und gelassenen Skandinaviern: sie lächeln, treffen sich die Blicke! Wir hatten noch zwei Stunden, ehe der Anschlussflug ging. Ein Kaffee, eine Zimtschnecke und mit Blick auf viele wartende Skandinavier an meinem Schal gestrickt. Der Flug nach Ålesund war kurzweilig,leider konnte man in der aufkommenden Dunkelheit auf unserer Seite des Flugzeugs kaum etwas sehen, auf der anderen Seite glühte der Himmel orange. Mein Sohn musste sich nun nicht mehr an den Sitz drücken, damit ich für Onkel Fredy (unseren Postboten) den Flug mit dem Handy dokumentieren könne. Ich hatte versprochen ihm die Wolken und die wunderbare Sicht von oben auf die Landschaften zu filmen. Bei unserer Landung war es stockfinster und ein kühlerer Wind blies. Schnell ins gemietete Auto und die norwegischen Strassenschilder aufmerksam lesend, fuhren wir durch kilometerlange Tunnel, welche von Berg zu Berg unter dem vielen Wasser zu den einzelnen Fjordinseln führten. Ich glaube, nirgends gibt es so viele Tunnel wie in Norwegen! In Ålesund angekommen, waren meine beiden Männer doch schon recht müde: ich dagegen voller Entdeckerlust! Endlich fanden wir unser gebuchtes Hotel, die freundliche Rezeptionistin bot mir einen Kaffee an und nach etwas Wartezeit stellte sich heraus, dass bei der Buchung etwas schief gelaufen war und wir ein paar Strassen weiter ziehen müssten. Die Laune meines Mannes sank spürbar. Da hilft immer ein Essen! Im Internet gesucht und ganz in der Nähe, mit Blick auf einen der vielen Häfen ein Restaurant gefunden. Gemütlich wars und kaum zu glauben, dass wir gemeinsam ein paar Tage Norwegen vor uns hatten. Die Laune stieg wieder! Am nächsten Morgen erkundeten wir die Stadt, erklommen den Stadtberg Aksla, ich filmte und filmte, war weit zurückgefallen währen meine Männer schon von ganz oben winkten. Was für eine herrliche Sicht über die Insel, die Stadt und das viele Wasser drumherum. Links des Wassers sah ich hohe Felsen, die aus den dazwischen liegenden Fjorden ragten. Auf den Höchsten lag schon Schnee und geradeaus, hinter dem vorderen Wasser müsste dann wohl irgendwo Island liegen. Der Abstieg war leichter und da ich nicht lange Zeit ohne Kaffee durchhalte, entdeckte ich mein ab dann liebstes Café: das „Racoon“. Die Zimtschnecke war grandios, der Kaffee wunderbar und stark. Kennt man inzwischen die traurigen hiesigen Umstände, ist man überrascht von der Vielzahl der Lokalitäten in einer norwegischen Stadt mit gerade mal 58tausend Einwohnern. Es gibt unzählige Restaurants und Cafés, welche immer gut besucht sind und nicht nur Das: es arbeiten viele junge Leute! Im „Racoon“ zählte ich neun Leute um die Anfang Zwanzig, die mit Freundlichkeit und Lächeln arbeiteten. Überhaupt fällt einem die angenehme Art der Menschen dort sehr auf. Die Norweger sind entspannt, wohlhabend und unabhängig. Sie haben Alles richtig gemacht! Sind nicht abhängig von einer europäischen Behörde, die vorschreibt, was zu tun und zu lassen ist, ich sah weder eine Regenbogenfahne noch eine Gelb-Blaue, dafür aber überall die Norwegische, die Strassen sind sauber, es gab nicht ein einziges Graffiti an irgendeiner Wand, ich entdeckte nicht einen einzigen Obdachlosen und die nächtlichen Spaziergänge waren sicher. So ähnlich war es früher bei uns, erinnerte ich mich. Ich denke, unsere Grummeligkeit und Unzufriedenheit kommt genau daher, dass wir all Das eliminieren, was uns gut tut!? Niemand kann es leugnen, Einige reden es schön. Jeder sollte mal nach Norwegen, um sich zu erinnern und einen Vergleich zu haben, wie es auch bei uns sein könnte. Wir würden wieder mehr lächeln können… Am nächsten Tag kam Regen. Also ab, ins Museum. Zuerst ins Jugendstilmuseum: meine absolute Lieblingsepoche! Wie herrlich war doch diese Kunst, die Verbindung zur Natur, die Architektur. Ålesund ist eine im Jugendstil wieder aufgebaute Stadt, nachdem die komplett aus Holzhäusern errichtete Stadt 1904 abbrannte, durch eine umgefallene Petroleumlampe. Kaiser Wilhelm der II. von Deutschland, war ein großer Bewunderer von Norwegen und scheute nicht, sofort Hilfe auf eigene Kosten zu schicken: vier Schiffe wurden entsandt, mit Decken, Kleidung, Verpflegung und Handwerkern! Die Bewohner der Stadt wurden in den Schiffen warm untergebracht, während sofort mit dem Wiederaufbau neuer Steinhäuser begonnen wurde. Alles im fantastischen Jugendstil und dafür ist nun heute auch Ålesund bekannt. Dem deutschen Kaiser wurde aus Dankbarkeit ein Denkmal gesetzt, eine große Strasse trägt seinen Namen. Andere Berühmtheit erhielt die Stadt durch ihre Fischerei und die nordische Delikatesse von getrocknetem Fisch. Alles sehr schön dargestellt im Fischereimuseum am Hafen mit der kleinen Mole und Leuchtturm (der die „Honeymoonsuite“ eines Hotels nun ist und auf dem Schild an der Tür wird darum gebeten, die Frischverheirateten nicht durch Lärm zu stören). Der junge Achtzehnjährige am Eingang des Museums war (wie eben alle Norweger) freundlich und offen, begann ein nettes Gespräch mit mir und nach dem Museumsbesuch fragte er mich noch, woher ich in Deutschland käme, da er Verwandte bei Berlin hätte. Ich erzählte ihm von unserem winzigen Örtchen, mitten im Luch und meinem kleinen Sommercafé und dass diesen Ort eigentlich Keiner kennt. Der junge Mann erwiederte auf meine Frage, wo denn seine deutschen Verwandten leben, sie wären auch in einem kleinen unbekannten Ort: Flatow!!! Ich musste lachen und sagte ihm, dass Flatow gleich um die Ecke von Zietenhorst wäre! Wie klein doch die Welt ist und was für seltsame Zufälle es doch gibt!? Er erhielt meine Visitenkarte, die Flatower Verwandten sind eingeladen und nächstes Jahr ist der junge Norweger auch wieder zu Besuch. Ich hätte noch so Viel zu erzählen, denn diese eigentlich fünf kurzen Tage in diesem Land der Trolle, Feen und freundlichen Menschen waren voller Erlebnisse. Grad vorgestern war ich noch auf einer kleinen Insel und erklomm einen hohen Berg mit Wasserfall, auf dessen Plateau sich ein großer See befindet und beim Abstieg sprach uns ein fröhlicher Mann auf englisch an (man sah uns wohl doch an, dass wir nicht von dort seien). Er scherzte, ob das Café oben wieder geschlossen sei: es gibt dort oben nur die Natur, kein Café. Mein Mann scherzte zurück:$auch das Restaurant und die Weinbar haben heute geschlossen! Wir begannen ein fröhliches Gespräch und zum Schluss reichte man sich die Hände, ich zog noch schnell eine Visitenkarte für den Mann, der sich als Pastor entpuppte hervor, weiter ging es.

So viele schöne Begegnungen hatte ich, bin noch im Geiste dort, muss wieder dorthin. Nun kümmere ich mich um die Alleinkatze Fritzi, welche mich seit meiner Rückkehr gestern Abend nicht mehr aus den Augen lässt, backe mir heute ein paar norwegische Zimtschnecken und nähe abends Kirschkernkissen für unseren Markttag. Freue mich schon aufs Backen und freundliche Besucher! Lasst uns an diesem Tag etwas norwegisch sein!


Zietenhorst, 23.10.

Wir haben Salvatore beerdigt und fast ganz Hakenberg war dabei. Eine schöne, wenn natürlich auch traurige Beerdigung. Letzten Donnerstag schien so schön die Sonne, besänftigendes Wetter für einen Abschied. Nun, eine Woche später, muss ich mich von meinem alten Kater Felix verabschieden. Jeder der mit Tieren lebt weiß, wie schwer solch ein Abschied fällt. Der Kater war vier Jahre lang mein Kamerad und getreuer Begleiter. Morgens wartete er immer schon an der Tür auf mich, um mit mir zu den Hühnern zu gehen, danach lief er vorraus zum Futternapf im Haus, damit ich es auch nicht vergesse! In den Sommern lag er auf dem warmen Holztisch in der Sonne, während ich draussen frühstückte, im Winter tröstete mich sein friedlicher Anblick über etwas betrübte Stunden hinweg. Ich bekam ihn schon in kränklichem Zustand, nun ist er ein sehr kranker Kater, mit vielen schmerzhaften Gebrechen, isst fast garnicht mehr, hat sichtbar Schmerzen und schon seit längerer Zeit begleitet er mich morgens nicht mehr hinaus. Wir müssen ihn heute oder morgen erlösen… 

Ich sitze gerade mit Felix auf dem Sofa, trinke meinen Morgenkaffee, er kam mühsam zu mir hinüber und drückt leicht seinen warmen Rücken an mein Bein, ich streichle ihm die Pfote, kraule ihm den Kopf. Wir nehmen Abschied voneinander. Wie gut, dass zumindest die Herbstsonne scheint und Alles so wunderbar in gelb, orange und rotbraun leuchtet. Die immer kleiner blühenden Dahlien im Kuchengarten sehen immernoch prächtig aus und hinten im Wäldchen, sieht man schon durch das lichter werdende Geäst der Traubenkirsche den Hochstand. Heute Morgen war es recht frisch und das erste Mal sah ich heute meinen Atem als Wölkchen, beim Gang zu dem schon wartenden und ungeduldigen Federvieh. Für Asthmatiker wie mich, beginnen solche Tage etwas beschwerlich. Aber werden bald die Tage noch kälter und die Luft wieder etwas trockener, kommt Erleichterung. Der Garten bietet nun Vieles für Kränze und schönen Herbstschmuck: mein Rosmarin spendiert nicht nur Gewürz, er dient auch herrlich als duftender Kranz für die Küche, wenn ich bald seine langen Zweige zusammen mit Thymian und biegsamen Weinzweigen verarbeite. Orange Lapionblüten und Silberblätter, getrocknete Strohblumen und Hortensien werden nach meinem kurzen Urlaub zu kleinen Kränzen gebunden und finden sicher ein schönes Plätzchen bei einem neuen Besitzer, nach unserem kleinen Markt. Mein Tisch ist bedeckt von trocknenden Verbenablättern, die Minze ist schon fertig. Ich mische noch einige Blüten und Kräuter aus meinem Garten zu leckeren Teesorten und die Zitronenverbene wird nächste Woche in kleine Tüten gefüllt. Alle Marmeladen sind abgefüllt, der Honig vom lieben Imker muss noch etikettiert werden. Gestern Abend nähte ich noch einnpaar hübsche Kissen, welche ich heute mit Dinkelspelz fülle, Kirschkernkissen sind in Arbeit. Das Sommergefühl ist nun endgültig aus meinem Kopf, ich genieße den Herbst mit seinen Farben und Düften. Wie wohl der diesjährige Winter im Luch wird? Irgendwie habe ich das Gefühl, er wird kalt und frostig. Ich hadere noch damit, die Dahlienknollen aus dem einen geschützten Beet auszubuddeln. Sie überwintern sein zwei Jahren erfolgreich, gut abgedeckt, im geschützten Beet am Kuchengarten. Aber die riesigen Schmuckdahlien hole ich Anfang November aus der Erde. Sie finden ein frostfreies Quartier im Schuppen. Bald kehrt Ruhe ein in den Garten und die Natur ringsherum. Das Häuschen füllt sich dann öfter wieder mit Besuch, der erste diesjährige Spieleabend steht an und bald auch das Stubencafé, am Markttag. Werden die Tage kürzer und dunkler, helfen Geselligkeiten die aufkommende Schwermut zu vertreiben. Ich hoffe, Ihnen/Euch geht es gut!? Liebe Grüße aus Zietenhorst.


Zietenhorst, 11.10.

Zuerst muss ich zwei traurige Ereignisse erzählen: wir sind mitten in der Brunftzeit. Auch um Zietenhorst herum, höre und sehe ich jedes Jahr um diese Zeit die stattlichen Hirsche, klettere abends auf den Hochsitz am Ende meines Gartens, lege das beheizte Kissen auf die kalte feuchte Bank dort droben und freue mich über diesen Anblick, kann ich den Hirschen mit ihren mächtigen Geweihen dabei zusehen und hören, wie sie um die Gunst der werten Reh-Damenschaft buhlen. Jedes Jahr beeindruckend und wunderbar, diese Tiere aus solcher Nähe zu beobachten! Seit zwei Wochen ist es still… Eine Truppe Jäger hat alle Hirsche und ein paar Rehe erschossen! Das Fleisch dieser Tiere wird teuer gehandelt und es lässt sich gewinnbringend an wohlhabende Großstädter verkaufen! Glaubt mir: hätte ich eine Ahnung von diesem Massaker gehabt, ich wäre mit lautem Töpfeschlagen und Gebrüll dazwischengegangen und hätte diese Jäger gefilmt, fotografiert und deren Fotos veröffentlicht! Was für eine unverzeihliche Aktion dieser Leute! Ist es überhaupt rechtens, dass die Tiere in der Brunft geschossen werden? Ich bin wirklich traurig über deren Verlust. Einen anderen Verlust beklage ich dazu: Angelos und Lauras Papa ist gestorben. Vor wenigen Wochen traf ich ihn noch in der Küche der Pizzaria von Hakenberg. Mit seinen 81 Jahren, wirbelte er fleißig in der Küche, zusammen mit seinem Sohn und wie immer scherzte ich kurz mit ihm, er lachte und wir verabschiedeten uns. Es war das letzte Mal, dass ich ihn lachen sah. Nun ist er nicht mehr da und ich vermisse ihn. Nächste Woche ist die Beerdigung auf dem kleinen Hakenberger Friedhof, wir werden uns Alle verabschieden. Wenn Jemand geht, oder etwas verschwindet woran man gewöhnt war, ist es immer schwer, diese Lücke zu füllen. Vom Papa des „Mazzolas“ in Hakenberg bleiben schöne Erinnerungen und die Fotos von ihm an der Wand, als junger Mann in Sizilien. Auf die sizilianische Nachbarinsel Sadinien wollte ich morgen mit meiner Familie fliegen. Nochmal ein wenig Sonne, noch ein wenig Sommer erhaschen, ohne backen und arbeiten. Unser Sohn zieht nun aber vor, lieber im Frühjahr dorthin zu reisen. Statt dessen fliege ich nun das erste Mal nach Norwegen! Ich bin sehr gespannt. Die Landschaft muss atemberaubend schön sein und auch wenn wir nur fünf Tage bleiben, werde ich mich großartig fühlen! Das unser Asperger-Sohn mitkommt, ist etwas ganz Besonderes und Seltenes. Man bekommt ihn nicht so leicht aus seiner sicheren Wohnungshöhle in Berlin 😉 Immer vermisse ich ihn in Zietenhorst und so nutze ich die Zeit in der das Gartencafé geschlossen ist, um ihn ab und zu in der großen, mir wirklich leidlichen Großstadt zu besuchen. Seit den Coronazeiten lebe ich ja ständig in Zietenhorst, Berlin ist mir zu fremd und kaltschnäuzig geworden. Letzte Woche verbrachte ich eine Nacht dort, mein Mann hatte es mir wirklich gemütlich und schön gemacht, unser Sohn uns ein tolles Abendessen gekocht (Eines seiner großen Talente!), aber nachts konnte ich nicht schlafen: der Himmel war nicht wirklich dunkel, von der Strasse unten kamen die ganze Nacht über Motorengeräusche, lautes Gerede und irgendeine Sirene rast immer irgendwo dort die Strassen entlang!  Recht gerädert fuhr ich am nächsten Morgen zum Bahnhof, um meiner Mutter beim Arztbesuch in ihrer Stadt behilflich zu sein. Auf dem Bahnhof Friedrichstrasse stellte ich fest, dass ich bis Erkner mit der S-Bahn fahren müsse, um dann in den Regionalzug umsteigen zu können und S-Bahnfahrten durch Berlin sind das mir mit Schlimmste, was ich dort machen kann. Wieder irgendeine Baustelle auf der Strecke, wie schon immer in den letzten zwanzig Jahren. Eine Frau sprach mich auf dem Bahnsteig an, auch sie wollte nach Frankfurt. Wir unterhielten uns die ganze Fahrt über, so wie alle „Alten“ unter den Mitreisenden, während die jungen Leute schweigend in ihre Handys tippten. Ein schönes Gespräch war Das. Kurz vor Erkner erzählte sie von ihren Verwandten in Herzberg, was ja ziemlich in der Nähe von Zietenhorst ist. Das sagte ich ihr und dann kam doch tatsächlich die Frage, ob ich dieses Gartencafé kenne, wo es den selbstgebackenen Kuchen gäbe, freilaufende Enten und es wäre auch recht abgelegen, in einem kleinen Ort, mit diesem schönen Garten! Meine Freude war groß, als ich ihr sagte, dass Dies mein kleines Café sei! Ihre Verwandten waren wohl im Sommer bei mir gewesen und hatten geschwärmt. Solch ein schönes Kompliment! Ich bin wirklich etwas stolz auf meinen Kuchengarten und wer ihn inzwischen alles kennt und hierwar. Meine Fahrt war also doch recht erfreulich, trotz verpassten Zug wegen einer Baustelle. Der Tag mit meiner Mutter war auch sehr angenehm und ich hoffe, noch ein paar schöne Kaffeekränzchen mit ihr haben zu können. Ihre Gesundheit lässt sehr nach und die Tage, an denen man draussen in der Sonne mit ihr Sahnetorte und Kaffee genießen kann, sind für dieses Jahr wohl vorbei. Nun bin ich zurück in Zietenhorst, die Sonne scheint, es ist kühl aber angenehm. Ich koche gleich restliche Äpfel ein und verarzte die verschnupften Katzen. Ein weiterer heißer Kaffee ist vonnöten, ein Freund kommt bald, um im Garten mitzuhelfen. Mein Stubencafé bedarf noch einiger Vorbereitung und bald fliege ich schon nach Norwegen. In Zietenhorst wird es immer ruhiger. Noch ist genug Laub an den Bäumen, aber nach dem gestrigen Wind ist es schon lichter, der Herbst duftet von der Wiese her nach nassen Blättern. Ich pflücke mir jeden Tag Dahlienblüten für sämtliche Vasen. Mein Gartenhelfer bringt nachher frische Steinpilze mit, die ich zum Teil für winterliche Gerichte trockne. Der Rest wandert heut Abend in die Pfanne: mit Butter, Zwiebeln und frischer Petersilie, dazu lila Kartoffeln aus meinem Hochbeet. Vieles muss noch winterfest gemacht werden! Die Zeit rennt und wie immer bräuchte ich sechs Hände. 


Zietenhorst, 4.10.

Nach zwei dunklen Tagen scheint grad mal wieder etwas Sonne durch die noch belaubten Bäume. Beim morgendlichen Gang durch den Garten pflückte ich die letzten Äpfel im Kuchengarten. Ein kleines Päckchen hatte ich in der Box vor dem Törchen vergessen: nun habe ich eine Funkklingel und dieser eine Postzustelldienst, mit dem ich seit einigen Jahren nun schon ein Problem habe, kann nun nicht mehr behaupten, angeblich NICHT um 7:13 in der Früh zustellen zu können, da niemand hier wäre! Überhaupt funktioniert nur noch die gute alte Post, auch wenn Onkel Fredie nicht mehr zustellen kann. Schon von Weiten  höre ich das gelbe Auto heranrumpeln, oft reicht es noch für einen gemütlichen Plausch mit der neuen Zustellerin. Es ist doch beruhigend, seine Postboten zu kennen, oder? Ohne Führerschein in solch abgelegenen Örtchen, wie Zietenhorst, bin ich auf den online-Versand angewiesen, wofür auch nach nun neun Jahren einige Leute kein Verständnis haben, sehen sie doch, dass fast täglich im Sommer Pakete bei mir eintreffen! Mit meiner Postbotin machte ich inzwischen aus, sie vorzuwarnen, kommen im Frühjahr wieder 25kilo Säcke mit Spezialerde für meine Gemüsehochbeete an. Es funktioniert ganz gut, bis auf diesen amerikanischen online Versand, für den ich den Schnellservice zahle, aber trotzdem die Sachen oft erst Tage später eintreffen und manche der Zusteller werfen sogar die Pakete mit Schwung über den hohen Zaun, statt in die Paketbox, oder verstehen mich nicht, wenn ich sie darum durch das geöffnete Fenster silbenbetonend und langsam sprechend darum bitte. Man muss sich wohl an den neuen „Fortschritt“ gewöhnen…

Der Garten blüht noch kräftig in überwiegend in Grün, Gelb, Rot und Lila, in den Beeten herrschen nun die Herbstastern zusammen mit den Dahlien. Meine Lieblingsaster „Alma Pötschke“ leuchtet in kräftigen Pink, daneben eine zartlila Sorte, deren Namen ich vergaß. Im Herbst bin ich immer froh, doch nicht Alle dieser unverwüstlichen Topinambur ausgerissen zu haben, denn zwischen den rosablühenden Riesendahlien macht sich ihr Gelb hervorragend! Gestern wurden die Möbel des Kuchengartens endgültig von der Wiese geräumt und zum Glück schafften wir es rechtzeitig vor Beginn der Regenzeit den Schuppen zu räumen. Der Container vor dem Garten ist fast voll: mein Schuppen endlich wieder übersichtlich. Was ich doch Alles wiederfand! Auch die langen Holzschrauben, welche wir im Sommer so lang gesucht und nicht entdeckt hatten! Die gelagerten Styroporplatten für die Dämmung eines zukünftigen Bauprojektes, wurden von einer Maus zum Kunstwerk umfunktioniert: sie hatte sich ein Labyrinth von Gängen zwischen den einzelnen Platten geknabbert, unterbrochen durch zwei „Höhlen“, eine davon offensichtlich eine gemütliche Schlafhöhle, in der ich fein zerkleinerte Stückchen eines Balinesischen Sonnenschirmes, sowie Füllwatte und Stroh entdeckte. In der anderen Höhle lagen leere und volle Sonnenblumenkerne und Saatgut aus meinen angeknabberten Tüten. So niedlich sah Das aus und erinnerte mich an diese wunderschön illustrierten Kinderbücher aus England, die ich jeden Abend meinem damals noch sehr kleinem Sohn vorlas und wir immer wieder neute kleine Details bei den Mäusen vom Brombeerhag entdeckten: da gab es den großen Tanzsaal in einem knorrigen alten Baum, in einem Anderen wohnte eine Mäusefamilie über mehrere Stockwerke, mit einer Küche, Schlafzimmern, der Wohnstube, Großmutter Maus strickte in ihrem Schaukelstuhl am Kamin Schals für die Mäuseenkel… Das Styroporhäuschen in meinem Schuppen musste natürlich entsorgt werden, aber es tat mir etwas leid für die darin lebende Maus, welche mit ein paar kräftigen Sprüngen das Weite suchte. Sie findet ein neues Zuhause, draußen! Keinen Igel konnte ich bis jetzt entdecken! Ob der Dachs daran Schuld trägt, der den Sommer in meinem Holzstapel verbrachte? Noch fliegen große Schwärme von Kranichen morgens und abends über meinen Kopf hinweg, die Meisen picken schon Samen aus den schweren Sonnenblumenköpfen und der scheue rote Kater wird immer zutraulicher. Er ruft schon unüberhörbar nach mir, kommt fast schon in greifbare Nähe, fülle ich ihm seinen Futternapf. Vor drei Tagen fraß er sogar schon in der Veranda und setzte sich anschließend an die Tür, sichtlich zufrieden. Ich staune über die Gelassenheit meines alten Katers Felix! Greift er doch jeden Nebenbuhler und sogar Hunde an, die sich in sein Hoheitsgebiet begeben. Den roten Kater beobachtet er beim Fressen, scheint gnädig zu sein. In der nächsten Woche beginnt die Planung für den kleinen Adventsmarkt, der am 10.11. stattfindet. Lichterketten und Glühweinkocher sind bereit, Helfer und Freunde auch! Das wird ein schöner Nachmittag und vielleicht kommt auch meine wunderbare Bäckerin aus Sachsen wieder, mit Stollen und feinstem Gebäck aus ihrem kleinen Lädchen. Ich freue mich schon sehr darauf! Man braucht in der kommenden Zeit viele Dinge, auf die man sich freuen kann! Liebe Grüße aus Zietenhorst!


Zietenhorst, 28.9.

Die Flitzekatze Fritzi, liegt nun wieder regelmäßig auf ihrem Lieblingswinterplatz: dem Fensterbrett über der leise rauschenden Heizung, der alte Kater Felix c-förmig neben meinem Kopfkissen und schnurrt leicht asthmatisch. Eigentlich wollte ich nach der morgendlichen Federviehfütterung nochmal eine Mütze Schlaf nehmen, mich unter die warme Decke kuscheln, in den Sommer zurückträumen. Doch allein das laute und penetrante Geschnatter der Entenbande vor meinem Fenster, lässt keine wirkliche Gemütlichkeit aufkommen. Ich muss wohl doch aufstehen und ihnen die Eine ihrer fünf Badewannen frisch auffüllen und ihnen dabei gut zureden, dass der nächste Frühling garantiert kommt, sie derweil bei mir sicher sind, es warm haben und für reichlich Futter gesorgt ist! Gestern bestellte ich mehrere Säcke Vogelfutter für Amseln, Spatzen, Meisen und die jedes Jahr hierbleibenden Stare. Schon wieder ist das Futter teurer… warum eigentlich? Der Garten beginnt sich zu verändern. Das Laub an den Kirschbäumen ist schon rotorange, am Haus beginnen die Weinblätter sich zu röten und von den Spillingsbäumen fallen schon erste Blätter auf das ganze Gerümpel, welches von unserer schnellen Entrümpelungsaktion letzte Woche immer noch darunter steht (ich muss den Containerdienst anrufen!) und die Dahlien trotzen dem zwischenzeitlichen Regen mit den Herbstastern um die Wette. Eine zauberhafte Pracht und fast täglich fülle ich Vasen und Gläser mit „geretteten“ Rosen und riesigen Dahlienblüten, die unter ihrer eigenen Last vom Stamm abknickten. Der Dachs aus dem Holzstapel ist fort und seit Wochen entdeckte ich auch keine Spuren der Waschbären mehr. Es wird nun auch Zeit für die Pflanzungen letzter Bäume und Hochstammbeeren. Die Baumpäonien sind in der Erde, die Tulpenzwiebeln noch nicht. Nicht einen einzigen Igel habe ich bis jetzt entdecken können, aber wer weiß? Jedes Jahr sind sie in meinem Garten, eine zeitlang gab es sogar einen fast zahmen Igel, der mir abends beim Gläschen Rotwein auf der Terasse Gesellschaft leistete. Vielleicht sind sie ja aber auch schon längst in einigen der Igelhäuschen untergekommen. Die Flitzekatze Fritzi ist inzwischen auf mein Bett gesprungen und schläft wieder, Felix sitzt aufrecht, versucht mich mit hypnotischen Blick zum Aufstehen zu bewegen! Dabei ist es doch so schön warm und kuschlig… Aber, nun gut! Carpe Diem! Ich muss kleinbeigeben und hinaus. Felix erhält eine kleine Belohnung für seine vorbildliche Erziehungsarbeit an mir, dann starte ich in den Tag, pflanze die Hochstämmchen und koche später endlich letzte Tomaten und Birnen ein. Die Sonne scheint, also: los!


Zietenhorst, 20.9.

Morgens gegen Neun Uhr betrete ich mit meinem heißen Kaffee die Strasse, um dieses gewaltige Konzert der Kraniche zu hören und den Vorbeizug tausender Vögel! Immernoch beeindruckend, wie beim allerersten Anblick vor neun Jahren! Abends, wenn es schon dunkel wird, fliegen sie direkt über meinen Kopf hinweg zur großen Wiese, zwischen Hakenberg und Zietenhorst. Von dort schallt dann ein lautes Kranichgespräch herüber, welches fröhliche Aufgeregtheit vermittelt: es geht bald los! Auch die Gänseschwärme werden größer und lauter, die Schwalben sind schon fort. Gestern beobachteten Nachbar Siegfried und ich dunkle eliptische Wolken aus Staren am Ortsende. Alles sammelt sich, wie jedes Jahr und am Abend röhren die Hirsche hinterm Garten. Ist die Sonne fort, wird es schon empfindlich kalt im Luch. Die Feuchtigkeit kriecht unter die Jacke: im Nachthemdchen mal schnell zu den Hühnern ist nun undenkbar! Besonders, wo sich erster Husten eingeschlichen hat und die Kehrseite von Zietenhorst sich bei mir gesundheitlich zurückmeldet. Kein Tag ohne Asthmainhalator und ich muss mich sputen, demnächst nach Berlin zu meiner Ärztin des Vertrauens fahren und neues Spray sichern, ehe es auch dort wieder einen Engpass gibt. Im Haus wanderte das Sommergeschirr in den Schrank, ich genieße meinen Nachmittagstee aus den schönen alten Tassen mit Herbstblattdekor. Der Kamin heizt bereits seit einer Woche abends die Stube und wärmt mein Gesicht. Wunderschön sieht der Garten zur Zeit aus: die Dahlien stehen in voller Pracht, das Hellenium blüht mit wilder Topinambur um die Wette, das Licht ist goldiger und seit ein paar Tagen verfärben sich nun die Blätter am wilden Kirschbaum hinter dem „Grünen Salon“ und der wilde Wein am Haus. Nicht mehr aufzuhalten, der Herbst! Dieser Sonntag wird seltsam, ohne Gartencafé. Jedoch muss jetzt endlich der Garten auch winterfest gemacht und unter das Dach des Cafés wieder die dicke Baufolie gespannt werden, damit keine Feuchtigkeit eindringt. Der kleine Olivenbaum und das Rosmarin kommt mit der Verbene über den Winter ins Café. Wir haben unsere Muskatellertrauben geerntet und jeden Tag koche ich abwechselnd Tomatensoße und Marmelade ein. Sie trösten über den langen Winter hinweg, erinnern an helle Tage voller Wärme. Gustaf, der schwarze Hahn, stolziert gerade draussen vor der Veranda mit seinen Damen vorbei. Es gibt allerlei Samenkörner und kleine Insekten zu finden. Hoffentlich entdecken sie die vielen Schneckeneier die ich gestern unter der Holzplane fand: weiße „Berge“ kleiner Kugeln, aus denen nächstes Jahr Hunderte Nacktschnecken schlüpfen und wie habe ich doch dieses Jahr über die Plage geschimpft! So Vieles wurde von ihnen gefressen, angeknabbert und vernichtet. Trotzdem kann ich mich fast komplett vom Gemüse aus meinem Garten ernähren und Nichts schmeckt doch besser, als frisch ausgegrabene Kartoffeln, knackige Bohnen, in Zwiebeln gebrutzelte Tomaten und dazu zwei superfrische Eier meiner Hühnchen! Der Rosenkohl trägt schon winzige Knospen, der Poree gedeiht wunderbar und der Grünkohl erreichte dieses Jahr Rekordhöhe. Ein wenig Weißkohl konnte ich retten und dieser wandert in den Fermentierungstopf, wird etwas Sauerkraut geben. Ein Windchen weht heute, Sonnenschein und angenehme Temperaturen. Eine gute Gelegenheit, im Schuppen ein neues Regal für Tomatensoßen und Marmeladen aufzubauen und da ich noch etwas Apfelkuchen im Kühlschrank gesichert habe, gibts Diesen danach mit einem feinen Bergamottetee, aus der Herbstlaubtasse. Herbst, hat AUCH was!


Zietenhorst, 12.9.

Nun zeigt der Wetterbericht auf allen Kanälen doch sehr unbequemes Wetter für den Sonntag an! Wie schade… Jedoch möchte niemand bei Sturmböen und gelegentlichem Regen gemütlich mit dicker Jacke im Garten sitzen und Tee trinken, von den Möbeln und all den Dingelchen für den Flohmarkt ganz zu schweigen! Es sollte einfach nicht sein. Zweimal musste ich schon diesen „Englischen Sonntag“ verschieben, da mein alter Vater ins Krankenhaus kam, welches sich in einem der vergessenen Landstriche unseres Landes befindet. Deshalb war es wichtig, dass ich ein Auge darauf habe und meinem Vater zur Seite stehe. Alles wurde nun auf den kommenden Sonntag verschoben. Ich habe geräumt, aussortiert, Möbel gerückt und Geschirr etikettiert, Helfer organisiert, einen Backplan erstellt, zusätzliche Bio Eier vom Bauern bestellt und mich schon auf einen wunderbaren Abschluß der Kuchengarten Saison gefreut! Der vergangene Sonntag war also nicht nur ein Abschied vom meteorologischen Sommerwetter, sondern auch vom diesjährigen Kuchengarten. Es war ein wunderbarer Sonntag und somit habe ich meinen Frieden damit. Ich werde etwas früher zu meinem Vater fahren und in Ruhe das Café für die kommende kalte Jahreszeit vorbereiten. Die heute eintreffende „Clotted Cream“ für den geplanten CreamTea, hält sich noch bis in den späten Winter im Kühlschrank, die nächtens genähten Zirbenholz- und Lavendelkissen werden auch noch zum kleinen Weihnachtsmarkt neue Besitzer finden und mein treuer Backofen benötigt eine umfangreiche Grundreinigung. Sollte der Herbst golden werden: vielleicht öffne ich recht kurzfristig für einen Herbstkaffee oder heiße Schokolade mit Buchteln?  Auf jeden Fall war dieser Sommer ein Wunderbarer und ich habe so viele schöne Erinnerungen an meine Kundschaft und bestimmte Begegnungen in meinem Herzen. Es ist immer wieder erstaunlich, wie fröhlich und friedlich die Stimmung im Gartencafé ist, kein Gast war jemals unfreundlich oder sogar ausfallend, Manche schrieben so liebe Bewertungen für mich, meine Helfer, den Kuchen und das Gartencafé, dass ich wirklich sehr gerührt bin, von so viel Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Ich werde mich auch im nächsten Jahr nach Kräften bemühen, das Café in seinem Geiste zu erhalten und weiterhin leckere Kuchen zu backen. Etwas mehr Hilfe werd ich brauchen, aber Das wird sich finden! Ich bedanke mich bei ALLEN, die mich tatkräftig unterstützten, einfach dabei waren und mit anpackten, Kay aus dem Ort, der mir seine Wiese als Parkmöglichkeit für die Kundschaft zur Verfügung stellt, Nina die mich oft mit Obst von ihrem Marktstand überraschte, Marion die mir meine Backstube einfach mal so aus Freundschaft saubermachte, während ich schon im Café hin und herflitzte, den unbekannten Kunden, welche einfach beim Geschirr mithalfen, war zu Viel los, den Menschen aus Zietenhorst, die durch ihre Anwesenheit eine kleine schmutzige Kampagne einer Nachbarin gegen mein kleines Unternehmen abwehrten, Siegfried der sich um meine Tiere kümmert, bin ich unterwegs, Manuela die mit mir den Großeinkauf für das große Backen macht, die tapferen Postzusteller die oft schwere Lieferungen mit Flaschen oder Backzutaten brachten, mein wunderbarer Mann der mich bei ALLEM unterstützt! Dank all dieser und noch viel mehr Helfer, konnte ich dieses Jahr überhaupt öffnen, trotz meines Impfschadens und einiger anderer unvorhersehbaren Schwierigkeiten! Es tut gut, soviel Mitstreiter um sich zu haben und ich bedanke mich von Herzen bei Euch! Freue mich auf die Stubencafés im Haus, im Winter und auf den Frühling, der auf jeden Fall kommt! Dann richte ich das Café, bügel meine Schürze, backe und koche den Kaffee, ehe ich das Gartentörchen öffne und meine Gäste Willkommen heiße. Hoffen wir Alle, dass bis dahin die Kriegstreiberei ein Ende hat und das Chaos sich wieder ordnet. Auch ich sehne mich nach Normalität und ruhigen Tagen. Keinem hilft Hass und Spaltung! Der Kuchengarten bleibt ein friedlicher, pazifistischer und erholsamer Ort. Wird der Winter lang und einsam: schreiben Sie mir doch gerne, oder schauen Sie ab und zu hier auf der Website vorbei: ich bin hier, schreibe an meinem kleinen Buch,freue mich über eine Karte und vielleicht Ihren Besuch zum vorweihnachtlichen Stubencafé. Bleiben Sie mutig, gesund und offen! 


Zietenhorst, 11.9.

Wer hätte gedacht, dass der vergangene Sonntag ein Abschied vom Sommer sein würde? Abrupt wechselte die Jahreszeit von Sonntag zu Montag und nun befindet sich plötzlich auch Zietenhorst im Herbst. Die Luft ist feucht, so dass ich schon täglich mit dem Inhalator hantiere, um besser atmen zu können, morgens muss ich nun Strümpfe und eine lange Daunenweste überziehen, bringe ich den Hühnern und Enten ihr Futter: die Zeit, in der ich nur im Nachthemd und barfuss morgens um Sieben durch das Gras und den sonnigen Garten ging, meinen ersten Kaffee in der Morgensonne mit den Katzen als Gesellschafter genoss, ist jetzt vorbei. Freilich kann ich durchaus auch im Herbstwind und bei Nieselregen eine Tasse Kaffee im Garten genießen, aber es fehlt dieser Duft nach warmer Erde, dem Gras und die Beobachtung vorbeiflatternder Schmetterlinge, während Kater Felix neben mir auf dem schon sonnengewärmten Tisch liegt, Katze Fritzi mir schnurrend um die Beine schleicht, um sich dann hingebungsvoll auf meine Füße zu werfen, die Enten laut schnatternd zum für sie frisch gefüllten Badewännchen rennen und hinten der wunderschöne schwarze Hahn kräht, sich mit den Hähnen der Nachbarschaft verständigt. Mein alter Corona-Husten bahnt sich dreist wieder seinen Weg durch meine Lunge, das heute spärliche Tageslicht veranlasste mich, einige Lampen anzuknipsen…

Nein: bitte noch nicht so schnell wieder diese Dunkelheit und Kälte! Zweimal musste ich wegen eines Notfalls den „Englischen Sonntag“, geplant für sommerliches Wetter absagen, nun ist der allerletzte Termin für diesen Sonntag vorgesehen. Keine Dreißig Grad, aber durchwachsenes, englisches Wetter: zum Glück ohne Regen! Die Kisten für den kleinen Flohmarkt stehen bereit, der komplette Samstag ist Backtag und ich erwarte Freunde und Nachbarn, welche mir Hilfe zusagten. Es wird ein schöner, letzter Sonntag für den Kuchengarten! Ein Abschied vom Sommer, aber kein endgültiger Abschied vom Café, da auch in diesem Winter, in der Adventszeit, das beliebte Stubencafé stattfinden wird, bei dem das untere Stockwerk meines Hauses umfunktioniert und Zweckentfremdet funktioniert. Wie wunderbar war es doch im vergangenen Winter, als die Stube voller Leute und der winterliche Kuchengarten nach Glühwein duftend so herrlich gemütlich war. Ein wirksames Mittelchen gegen aufkommende Tristesse, in Zeiten von Chaos, Unsicherheit und übergeordneter Dummheit und Vernachlässigung. Gut, dass noch Einiges irgendwie funktioniert. Bis zum Winter hin werde ich mich erholend zurückziehen, mich um meine alten Eltern kümmern, aufpassen, dass sie fürsorglich nicht übergangen und vergessen werden (ich telefoniere mit Ämtern und spreche mit Bürokraten, ärgere mich täglich über hiesige Zustände, erkämpfe mühsam kleine Verbesserungen, bin fast selbst schon reif für nervliche Fürsorge!) Ein kleiner und ruhiger Urlaub steht an: mit Mann und Sohn nach Italien, auf eine Insel, ohne Bürokratie, ohne den täglichen Ärger über Gleichgültigkeit und Verdummung. Ein wenig Ruhe für die Seele und den Körper. Nochmal ein bisschen Sommer auf der Haut und Zeit mit meinen engsten Vertrauten. Zietenhorst wird ab Oktober still: keine Traktoren mit Heuladungen fahren mehr vorbei, die abends grillende Nachbarschaft verzieht sich in die Häuser zurück, meine verbitterte Nachbarin frohlockt, da es bei mir keine gutgelaunten und fröhlichen Gäste mehr im Café gibt und vorn, bei den alten Garagen sitzen nicht mehr die Männer und plaudern bei Musik und einem kalten Bierchen. Der Winter ist lang, in Zietenhorst! Aber wie gemütlich wird es wieder, wärmt das lodernde Feuer im Kamin, brennt auf dem Tisch eine Kerze und kommt erste Weihnachtsvorfreude auf. Also, wir und Ihr macht das Beste daraus! Ich sortiere gleich weiter Flohmarkttrödel, schmuse noch ein wenig mit der sich neben mir auf dem Rücken wälzenden Schnurrkatze Fritzi, rufe meinen Vater im Krankenhaus an und packe Nachbarn Siegfried etwas Kuchen ein, den er zu einem anderen freundlichen und abseits wohnenden Nachbarn mitnimmt. Es hat aufgehört zu regnen, vielleicht wird es ja auch noch heller? Freue mich auf den kommenden Sonntag und bin guter Dinge. Es wird ein schöner Abschluß der diesjährigen Saison vom Kuchengarten in Zietenhorst und was war Das doch für eine wunderbare Saison!? Morgen kommt frische „Clotted Cream“ aus England an und die Etageren werden fein geputzt, für Scones und Gurkensandwiches. Bringen SIE gute Laune und Freude mit!  Wir speichern sie für die kommende Jahreszeit.


Sebnitz, 3.9.

Noch frühstücke ich im wunderschönen Hanggarten meiner Pensionswirtin Manuela, ehe ich wieder ins Krankenhaus zu meinem Vater gehe. Ich kam erst am Samstag Abend zurück nach Zietenhorst, sonntags gegen Mittag kam ein für mich doch beunruhigender Anruf aus dem Krankenhaus. Also schüttete ich den Inhalt meines Köfferchens aufs Bett, packte erneut und stellte auf die Strasse vor das Café (für Kunden, die meinen Notfall weder im Internet gelesen, noch davon gehört hatten) ein Tischchen, kochte eine Kanne Kaffee, platzierte Teller und Tassen, sowie eine Pfirsichtarte darauf und ein Schild ans Törchen, worauf ich Kaffee und Kuchen für umsonst Gekommene anbot. Während ich meine Tasche packte, hörte ich durchs offene Fenster immer mehr fröhliche Stimmen, Gelächter und die Erzählstimme meines sonst eher etwas scheuen Mannes, der Alle da draußen prächtig unterhielt! Der ganze Kuchen wurde lobend verspeist (mein umsonst gekommener Stammgast Heinz, 85 Jahre alt, ließ sich wie gewohnt von meinem Mann zwei Stückchen Kuchen in seine mitgebrachte Tupperbox packen), der Kaffee wurde bis auf den letzten Schluck ausgetrunken, mein tiereversorgender Nachbar angerufen, die Katzen nochmal gestreichelt, ebenso meine zwei zahmen Küken und den Enten gab ich nochmal frisches Wasser. Dann ab ins Auto und nach nur siebzehn Stunden Zietenhorst gings wieder nach Sebnitz zurück. Meine Befürchtungen haben sich zum Glück nicht bestätigt und ich verstehe nicht, warum jede medikamentös begründete leichte Verwirrtheit (mein Vater bekommt mehrere starke Schmerzmittel) so schnell und fast schon triumphierend trotzig als Beweis für eine schwere Demenz beschworen wird. Mein Vater ist, bis zur Einnahme dieser Tabletten völlig klar und erstaunlich fitt für seine neunzig Lebensjahre. Immerhin konnte ich das Schlimmste abwehren, arbeitete mit ihm eine Patientenverfügung und sämtliche anderen bürokratischen Papiere aus, Alles ist geregelt, bis auf seine Betreuerin vor Ort, welche sich nicht bei mir zurückmeldet und auch nicht ans Telefon geht. Morgen gehe ich daraufhin mal zur Bank meines Vaters….

Ich registriere seit Tagen sehr genau, wie schwer es für unsere alten Leute heutzutage ist, in Würde ihre letzten Jahre zu leben. Der Zimmernachbar meines Vaters liegt länger auf Station und bekam noch nicht einmal Besuch! Er freute sich so sehr über die etwas traurigen Blumen, die ich ihm aus dem Supermarkt mitbrachte (die Krankenhaus Caféteria existiert seit Corona nicht mehr!) Allzu gern steckt man die Menschen vorschnell in Heime, plündert deren klägliche Rente und hat nicht einmal Zeit, kurz zuzuhören, ein wenig Empathie zuzulassen. Eine traurige Gesellschaft ist aus uns geworden! Trotz „Modernisierungen“ (wie das Gendern), lassen wir unsere Alten einsam zurück, voller Angst und Hilflosigkeit, die Generation vor Meiner feiert sich selbst auf Pride oder anderen Spaßveranstaltungen. Was sagt Das über unser Land und die Generation, welche an der Reihe wäre, den Kreislauf in Gang zu halten und sich um den Erhalt der Menschlichkeit und auch der zukünftigen Rentenzahlungen zu kümmern aus? Ich fürchte, bei der jetzigen Entwicklung zu einer „modernen, weltoffenen Gesellschaft“, bleibt schon meine Generation in zehn, zwanzig Jahren komplett allein und auf sich selbst gestellt. Freunde von mir denken schon an große AltersWGs, Andere an Schlimmes. Wer möchte schon in Krankenhäusern oder Heimen abgelegt, vergessen und mit betäubender Medizin vollgepumpt den Rest seiner Tage verbringen? Jeder der jetzt Alten, war einmal jung, hat herzhaft gelacht, geweint, wenn die Mama nicht da war, hat sich verliebt, die Meisten wurden Eltern, haben hart und viel gearbeitet, Geld für ihre Kinder zurückgelegt…

Eine Gesellschaft die all Dies ignoriert, ist eine egoistische Gesellschaft, vom sehr übergriffigen neuen Narzissmus ganz zu schweigen!

Solche Gedanken beschäftigen mich seit Tagen besonders und ich werde gleich wieder zu meinem Vater gehen, ein wachsames Auge auf ihn haben, unbequeme Fragen an die Ärzte (ich sah seit einer Woche nur Einen, zur Visite gestern) stellen und dafür sorgen, dass er weder abgeschoben noch ausgeraubt wird! Am Donnerstag komme ich für ein paar Tage zurück, nach Zietenhorst, öffne am Sonntag bei herrlichstem Wetter das Gartencafé, habe den etwas aufwendigeren „Englischen Sonntag“ auf den 15.9. verschoben und hänge noch einen offenen Kuchengarten Sonntag am Wochenende darauf an! Ich freue mich auf meine Kundschaft, ob jung oder alt, auf Heinz mit seinem guten Appetit und auf die immer doch so freundliche Atmosphere im Garten, füllt er sich langsam mit fröhlichen Gästen. Die Enten sind bereit: ich auch! Liebe Grüße und besuchen Sie vielleicht mal wieder die Oma oder den Opa, die Eltern, allein Lebende in der Nachbarschaft derweil ♥️


Zietenhorst, 19.8.

Alle Geburtstage sind absolviert und wie erwartet, habe ich mein Herbstgefühl erhalten! Die Sonne scheint schon etwas tiefer, das Licht voller und die ersten Zugvögel sind fort. Der seltsame Kuckuck fehlt mir, der nach seinem viel zu schnellen Kuckuckkuckuckkuckuck ein nachfolgendes Affengeschrei losließ, welches mir und Anderen ein kurzes Gefühl von Dschungel-Luch gab, die Störche sind fort, der Garten ist stiller geworden und die wenigen Äpfel an meinen Bäumen fallen drei Wochen zu früh von den Bäumen. Wenn man den alten Volksweisheiten Glauben schenkt, bedeutet es einen frühen Winter und auch einen Kalten! Dieses Jahr habe ich besonders wenig Lust darauf! Das ganze Drumherum in unserem Land deprimiert schon genug und ein Ende der Talfahrt ist nicht in Sicht, ein früher Winter scheint desaströs für das Gemüt! Also: was tun? Ich sehne mich nach Italien, Frankreich, ein wenig geordnete Verhältnisse, statt Chaos. Vielleicht packe ich mir das Köfferchen und verschwinde Ende September in wetter- und menschlichwärmere Gefilde? Ich muss noch einen Entenstall mit Gehege bauen, da Mutter Ente und ihre acht nun schon ausgewachsenen Kinder auf Wunsch meines Mannes hier bleiben sollen, im Frühjahr kommen drei oder vier Laufenten dazu, um es den Schneckenarmeen mal richtig zu zeigen! Die neuen Hühner sind dem wunderschönen Stall gegenüber noch recht misstrauisch und da ich mich nicht entscheiden konnte, kaufte ich beim Geflügelhändler viel mehr Tiere als geplant. Nun wird es eng in Stall und Gehege, man tritt sich auf die Füße. Komme ich morgens Richtung Gefieder, geht das Geschnatter schon los: die Enten empören sich über die neuen Mitbewohner, die Hühner halten sich beschämt zurück. Laut protestierend watschelt die Entenschar zum Tor hinaus, biegt um die Ecke, um immer noch schimpfend in den kleinen Teich abzutauchen. Die Hühner wissen, dass ich die Frau mit dem Futter bin, aber halten etwas misstrauisch Abstand. Es gibt noch zwei Küken, welche mir eine Freundin vorbeibrachte. Sie wurden von einer tierliebenden jungen Frau in der Brutmaschine ausgebrütet, exzellent und luxuriös aufgezogen (mit eigener wohltemperierten Wärmelampe) und mir vor zwei Wochen gebracht. Piepsend begrüßen sie mich inzwischen. Erfreut, dass ich da bin und sogleich flattern sie auf meine Schulter, piepsen fröhlich vor sich hin, machen es sich gemütlich und zupfen ab und zu an meinem Haar. Schmusende Hühner: davon hatte ich bisher nur gehört. Nächstes Jahr werden sie wahrscheinlich mit mir im Kuchengarten sein,  gurrend auf dem Sessel sitzen, während ich den Kuchen verkaufe. Hanna und Anna gedeihen gut, müssen schnell größer werden, damit sie gut in die Herde aufgenommen werden. Vorhin telefonierte ich mit einer Freundin, denen die großen Kaninchen über den Kopf wachsen und in dessen Kauf sich ein Rammler mit gemischt hatte. Nun ist das Gehege voller Häsinnen in baldigen Mutterfreuden und ich wurde gefragt, ob ich auch Hasen abnehmen würde! Wenn es so weiter geht, ist der Kuchengarten bald um eine Streichelzoo Attraktion reicher. Fehlen noch Kakadoos, Minischweinchen und ja: ein Schäfchenpaar und Ziegen wären fein. Doch zum Glück ist mein Platz begrenzt! Ich konzentriere mich auf die Schnatterenten, die misstrauischen Hühner, Anna und Hanna und dann gibt es ja auch noch die zwei Katzen. Eine Dritte nähert sich langsam an, traut sich noch nicht so recht, findet aber den Platz unter meiner Veranda offensichtlich sehr heimelig und kuschlig. Die Stare klauen grad meine Muskatellertrauben! Ich lasse sie gewähren, denn bald sind auch sie fort und ich muss wieder bis zum Frühjahr auf sie warten, wenn sie am Hausgiebel in den Kästen ihre Jungen ausbrüten. Gut, dass ich meine hierbleibenden Tiere habe! Sie trösten über den Winter hinweg.


Zietenhorst, 14.8.

Mein diesjähriger Geburtstag wird all meinen Gästen im Gedächtnis bleiben! Warum auch immer, aber ich habe den ganzen Vor- und Nachmittag mit Räumarbeiten im Freien verbracht, OHNE auch nur einen Schluck Wasser bei heißer Aussentemperatur zu mir zu nehmen! Bis auf vier Tassen starken Kaffee und nur dürftigem Frühstück hatte ich also keinerlei Stärkung zu mir genommen, arbeitete an der Tischdekoration, stellte die großen Schirme dicht zur Überdachung an die Feiertafel, um dann später die Lichterkette hübsch unter die Schirme zu spannen, stellte Champagner kalt, räumte die Cafékühlschränke um, verteilte Kissen auf alle Stühle und Bänke: das Alles im Nachthemd, welches ich schnell morgens in eine Arbeitslatzhose gestopft hatte. Fünf Minuten bevor die ersten Gäste kamen, fand ich endlich kurz Zeit, um in mein knallgelbes Kleid zu schlüpfen, das Haar von Zweiglein und ein paar Blättern zu reinigen, hastig ein wenig Mascara auf die Wimpern zu klecksen und die Gäste zu begrüßen. Champagnerkorken knallten, Geschenke wurden übergeben, der Garten füllte sich langsam. Bis zur letzten Minute hatte ich noch eine Playlist mit Lieblingssongs aus meiner Jugendzeit zusammengestellt: der kleine Lautsprecher trötete fröhlich „The Cure“, „Led Zeppelin“ und „Depeche Mode“, meine Angespanntheit schwand langsam dahin, Tanzlaune kam auf. Meine Gäste lernten sich untereinander kennen, lachten, prosteten mir zu und endlich fiel der Stress der letzten Tage von mir ab. Ich hatte mich zu einem Gast gesetzt, mit dem ich mich angeregt über Musik unterhalten konnte und der mir strahlend erklärte, dass meine Playlist auch ein altes Tape aus seiner Jugend sein könnte. Während des Gesprächs schwanden mir plötzlich die Sinne: das Gesicht meines Gegenübers verlor die Konturen, die Geräusche um mich herum kamen aus einem immer leiser und blechern klingenden Trichter, dann wurde es schwarz! Ich vernahm von ganz weit weg die Stimme meines Mannes, spürte, dass ich wohl nicht in meinem Bett lag und gerade erwachte, öffnete kurz ein Auge und sah das entsetzte Gesicht meines Sohnes. Mir wurde bewusst, dass ich ohnmächtig vom Stuhl gekippt war. Leider hatte niemand meinen „Abgang“ gefilmt, aber er war offensichtlich bühnenreif! Eine Kopfverletzung ersparte mir nur das Kissen auf dem Stuhl, auf meiner Brust leuchtet ein langer blauer Fleck bis zur Schulter. Nach einer Stunde auf dem Sofa, schlürfte ich zurück zu meinen Gästen und es wurde noch eine schöne Party. Gestern erfuhr ich noch von Freundin Marion, die mit Sohn Momo beim Stuhlfallereignis dabei war, dass Momo sofort bei meinem Anblick den Notruf gewählt hat und der Mann am anderen Ende, bei Abfrage der Adresse der Verletzten, beim Wort „Zietenhorst“ und der Hausnummer erstaunt sagte: „ah, das ist doch der Kuchengarten, oder!?“ Darüber mussten wir Beide dann lachen und MICH freute es, dass sogar die Leute in der hiesigen Notrufzentrale den Kuchengarten Zietenhorst kennen! Mir kann also eigentlich nicht wirklich was passieren! Nun kommt der Sonntag danach. Für den 18.8. sind Regen und kühle 19 Grad angesagt. Da kann sich noch Vieles ändern. Wenn es dann WIRKLICH regnen sollte: wir standen bei manchem Regenguß und Gewitter schon dichtgedrängt und fröhlich mit unserer Kundschaft im kleinen Caféhäuschen und es war urgemütlich! Wir werden sehen. Von einer lieben Kundin aus Wustrau bekam ich heute Äpfel, Birnen und Pflaumen: ich freue mich aufs Backen!



Zietenhorst, 8.8.

Der Löwenmonat! Man spricht uns Löwen alle möglichen starken Charaktereigenschaften zu. Doch ich kenne so viele unterschiedliche Augustgeborene, dass ich selbst der Astrologie gegenüber skeptisch bleibe. Heute, zum Beispiel, hätte meine Oma Geburtstag und SIE war ein unsicherer und von schlimmen Ereignissen geprägter und gebrochener Mensch. Sicher, sie war äußerst großherzig und hilfsbereit, aber absolut kein Mensch mit Führungsqualitäten. Sie nahm damals nur etwas Familienschmuck mit, als sie nachts mit ihren drei Kindern das Gutsherrenhaus und ihren gewalttätigen Mann verließ, fuhr vom vogtländischen Zuhause in eine recht bescheidene Zukunft in ein kleines sächsisches Dorf, wo sie von dort an als Gemeindeschwester arbeitete. Eine Zweiraumwohnung ohne fließendes Wasser, das Gemeinschaftsklo eine Treppe höher. Ich habe sie als stillen, traurigen und wunderbaren Menschen in Erinnerung. Ich selbst habe in zwei Tagen Geburtstag und bin wohl auch kein „typischer“ Löwe!? Mein Vater folgt am 12. August und er ist nach aussenhin etwas laut, vielleicht auch zu selbstsicher. Jedoch zeigt sich schon nach kurzer Zeit, dass Löwen die laut brüllen, nicht beißen. Er wird am Montag Neunzig Jahre alt, lebt von einer Rente, die ihm keinerlei Spielraum für eventuelle Extravaganzen erlauben, wie einen begleiteten Urlaub im Winter in die Wärme, oder ein paar normale Annehmlichkeiten im hohen Alter. Er wird langsam stiller, auch enttäuschter, vom Land des angeblichen Wohlstands, für das er nur noch ein unangenehmes Übel zu sein scheint. Ich halte ihn bei Laune, schicke ihm über einen Versand monatlich schöne Blumen für seinen Tisch, fuhr kürzlich in die kleine Stadt zu ihm, half bei seiner Genesung, dekorierte seinen nicht genutzten Balkon mit riesigen Bambuspflanzen, einer Tischdecke für den schmucklosen Plastiktisch, kochte Kaffee und besorgte Kuchen. Wir weihten den neuen Lieblingsbalkon meines Vaters fröhlich, mit wiederbelebten Lebensgeistern ein, ich zeigte ihm Fotos vom Kuchengarten: das Tollste für ihn waren meine in Waschschüsseln badenden Enten! Er ist tapfer und sehr zäh, hat ein butterweiches Herz. Die letzte Löwin unserer Runde ist meine Schwester. Ein Jahr und eine Woche nach mir geboren, ist sie die feurigste Löwin unter uns! Temperamentvoll, mit starkem Gerechtigkeitssinn und immer einen Tick zu sehr am Kämpfen! Aber sie kann auch sehr gut feiern! Ich kenne viele Löwen, sogar drei Leute, welche mit mir am selben Tag Geburtstag haben: Alle sehr unterschiedliche Persönlichkeiten! Dieses Jahr nagt die große Zahl schwer auf mir! Eine Zahl, die mich fast erdrückt und etwas Ehrfurcht einflößt. Ich werde trotzdem etwas feiern, Fotos aufhängen, mit ein wenig Wehmut das Foto einer flotten Sechsundzwanzigjährigen betrachten und liebe Menschen aus meinem Leben begrüßen. Der Kuchengarten muss deshalb am Sonntag geschlossen bleiben. Eine übernächtigte Löwin mit erschreckender und noch total ungewollten Null hinter einer Zahl, möchte man am Tag danach nicht wirklich in die Augen sehen! Am 18. öffne ich gestärkt das Gartentörchen und begrüße neben der werten Kundschaft auch meine Schwester, die im etwas kleineren Kreis bei mir, in Zietenhorst ihren Ehrentag feiert. Pünktlich nach MEINEM Geburtstag, werde ich wieder das erste Mal den kommenden Herbst spüren und riechen. Es ist seit Jahrzehnten so! Ist der 10.8. vorbei, rieche ich leicht den Herbst…

Das Luch ist morgens schon recht nass. Erster Nebel bildet sich bereits über der morgendlichen Wiese hinter dem Garten. Wir werden sehen, ob das schöne Wetter noch den September über hält. 


Zietenhorst, 27.7.

Ich bin zurück aus meinem sechstägigen Kurzurlaub, von denen ich vier Tage im Bett verbrachte. Totale Erschöpfung und zuviel Sonne auf dem Kopf, letzten Samstag und selbstverständlich wieder zuwenig getrunken! Aber gemütlich und entspannend war es, vom Krankenbett aus meinem Komponisten bei der Arbeit zuzusehen (ich kenne seit einem Vierteljahrhundert keinen Urlaub ohne Gitarre und Studioequiptment!), ab und zu wegzudämmern oder das Meer hinter dem Fenster zu sehen. Ein Blick über die ganze Bucht, gegenüber die Kreidefelsen von Sassnitz. Am fünften Tag ging es mir besser und wir fuhren dorthin, um in der wunderbaren „Wunderkammer“ am Hafen Karten und seltsam herrlichen Krimskrams zu bestaunen und etwas nach Zietenhorst davon mitzubringen. Kommt man von Mukran nach Sassnitz, säumen linksseitig alte Mirabellenbäume den Fahrradweg. Mindestens fünf verschiedene Sorten in orange, rosa-violett und gelb. Wir brachten den festen Verpackungskarton unseres im Binzer Supermarkt gekauften Frenchpressglases mit und pflückten soviel Mirabellen, dass es nicht nur für einen herrlichen Kuchen am Sonntag reicht, sonders sicher auch noch für zwei Gläser Marmelade. Mit etwas Neid sah ich die vollhängenden Zweige, etwas weiter weg Apfelbäume, deren Äste fast den Boden berührten, so voll hingen sie mit Früchten! In Zietenhorst kam uns im späten Frühjahr nocheinmal Väterchen Frost besuchen: es gibt weder Mirabellen, noch Viktoriapflaumen, keine Birnen, kaum Äpfel und nicht eine Quitte! Sowas habe ich noch nie erlebt! Die Obstbaumalleen in Sassnitz und wie ich vor wenigen Wochen sah, auch in Sachsen, tragen üppig und schwer. Diese Alleen pflanzte man damals bewußt und ich erinnere mich noch daran, dass ich als kleines Mädchen mit meiner Oma zu „ihren“ gepachteten Obstbäumen nahe ihres kleinen sächsischen Dorfes ging, um Kirschen und später Äpfel zu ernten, welche meine Oma dann tagelang einkochte: herrlichster Duft aller Zeiten…

Jedes Jahr konnte man von der Gemeinde für eine wirklich kleine Pacht Obstbäume sichern, zur Ernte gab es Picknick im Gras daneben mit den anderen Pächtern. Heute kaufen die Leute ihr Obst abgepackt im Supermarkt, Äpfel kommen aus sehr fernen Ländern, sogar Bohnen entdeckte ich vorgestern im Markt, welche aus Äthiopien (!) kamen! Welch Irrsinn! Die Obstbaumalleen allerdings, verschwinden immer mehr, kaum jemand erntet noch und somit fallen auch in Sassnitz wunderbare Mirabellen, Äpfel und Kirschen überreif ins Gras, wo sie nur von den Wespen geschätzt werden. Die letzten Obstbäume wurden vor der Wende gepflanzt, sie verschwinden immer mehr. Fährt man von Kremmen nach Linum die kleine Strasse entlang, kann man noch kümmerliche Reste einer einst prächtigen Apfelbaumallee alter Sorten entdecken, aber nach jedem Stum werden es weniger, neue Bäume pflanzt man nicht mehr (ich hörte: wegen angeblicher Verkehrssicherheit 🤦‍♀️) Aber gäbe es noch überall diese Alleen, würde ja auch Keiner mehr Äpfel aus Neuseeland kaufen! Morgen in der Frühe backe ich also einen Mirabellenkuchen mit Streuseln für die Kuchengartengäste. Zitronen aus EIGENER Ernte geben eine herrliche Tarte au Citrón, Crowdfarming Aprikosen eines Bio Bauern in Frankreich, Pflaumen und Heidelbeeren aus Süddeutschland lassen mich auf das Backen freuen! Heute erwarte ich noch eine Lieferung köstlichster gelber Bio Pfirsiche, die roten Johannisbeeren aus Mecklenburg stehen ebenfalls auf dem Backplan. Das Wetter wird gut, gesundheitlich bin ich  frisch und es ist nicht mehr all zu lang, bis die Sonne herbstlich scheint und der Kuchengarten für diese Saison wieder sein Törchen schließt. Vielleicht habe ich Glück und kann bis in den September hinein backen?

Nutzen wir also noch die schönen Tage 🌻



Binz (Rügen), 21.7.

Ich sitze am offenen Fenster, höre den Ostseewellen zu und gleich gibt es einen pinkfarbenen Sonnenuntergang, links von der Bucht. Letzte Nacht kamen wir an, brachten leise unsere Taschen und unser Zietenhorster Gemüse nach oben, öffneten mit einem wohligen Seufzer das Fenster zur dunklen Nacht hinaus und waren voller Vorfreude auf ein paar Tage am Meer, in meinem Geburtsort. Seit zweieinhalb Jahrzehnten fahren wir hierher, kennen jeden Knarzer der Treppe, den vertrauten Geruch des alten Hauses am Meer, verbringen traditionell den ersten Tag mit Ausschlafen und aufs Meer schauen. Gestern Nachmittag noch, gab es im Kuchengarten das kleine Sommerfest vom Oldtimerclub und die Strasse in Zietenhorst zierten die schönsten Autos aus längst vergangenen Zeiten. Ein schöner Nachmittag war Das! Trotz Hitze und aufdringlicher Bremsen. Wir hatten einen langen Tisch auf der Kuchengartenwiese gut beschirmt und gegen halb Vier hörte ich wunderbares Geknatter vor dem Café. Eine kleine Karawane von circa dreißig Autos parkte und eine fröhliche Gesellschaft füllte gleich darauf die Wiese. Meine Kuchen waren schnell gegessen, gut gelaunte Gäste unterhielten sich und mich. Als ich Einen einlud, mal die Nase ins Studio meines Komponisten zu stecken, folgten ihm neugierig fast alle Frauen der Tafel hinterher: wann kann man denn schon mal einem Komponisten dabei zusehen, wie er Krimimusik auf Filmszenen komponiert? Mein Mann nahm es mit Humor, dass sein kleines Arbeitszimmer proppevoll mit begeisterten Damen war! Vor zwei Jahren feierte der Jaguar-Oldtimerclub sein Sommerfest in Zietenhorst: damals war Eva nicht zu bremsen und überraschte die verdutzten Gäste als Bedienung! Noch heute bekomme ich nette Nachrichten, wo man davon schwärmt, von Eva Mattes bedient worden zu sein. Diesmal also live bei der Komposition fürs Fernsehen: das bleibt im Gedächtnis! Als die lustige Truppe losfuhr, beobachteten wir noch amüsiert meinen Nachbarn, der wohl mitbekommen hatte, dass im Kuchengarten Gäste waren und deshalb beschlossen hatte, mit der Motorsense vor dem Garten zu mähen. Ich bin doch immer wieder überrascht…

Nachdem die Gäste winkend und grüßend losgefahren waren bemerkte ich, dass mir die Sonne wohl etwas geschadet hatte. Kopfschmerzen und etwas Unwohlsein bremsten meinen Elan, der Koffer wurde länger als geplant gepackt und selbstverständlich habe ich wieder die Hälfte vergessen! Ein letztes Streicheln der Katzen, flink noch Zucchini, Gurken und Tomaten aus dem Garten eingepackt und endlich vor Acht losgefahren, Richtung Meer. Der erste Tag ist fast vorbei, ich hoffe meinen Katzen ging es heute gut: es war heiß in Zietenhorst. Nächsten Sonntag bin ich zurück, Geburtstage stehen an und die letzten Wochenenden der Kuchengarten Saison. Viel zu schnell geht der Sommer dahin, oder!? Für Ende August plane ich einen großen Flohmarkt und ein „Englisches Wochenende“, mit Cream Tea, Scones und Allem was so dazugehört. Ich sende Grüße vom Meer und freue mich aufs nächste Wochenende in Zietenhorst!



Zietenhorst, 16.7.

Liebe Grüße aus Zietenhorst. Es ist Sommer, die Kapuzinerkresse im Kuchengarten wuchert bereits wieder Richtung Weg und lässt den dazwischen wachsenden Dahlien kaum Luft. Im Vogelkasten des oberen Fensters am Haus brütet das nun dritte Spatzenpaar: ich kann sie nicht nur durch die im Dach integrierte kleine Kamera bei der Aufzucht ihrer vier Winzlinge beobachten, die zierliche Spatzenmama leistet mir seit Wochen traute Gesellschaft beim morgendlichen Gartenfühstück, kommt immer näher, beobachtet mich mit seitlich geneigtem Köpfchen beim Essen und mittlerweile betreibe ich etwas einseitige Konversation mit diesem immer zahmer werdenden Vögelchen. Auch die fast ausgewachsenen Entenküken wissen, dass ich die Frau mit dem Futter bin, die ihnen ausserdem mehrmals täglich das Badewasser in der antiquaren Emailleschüssel frisch wechselt. Welch ein Leben! Vor vier Wochen kam ich aus der Bretagne nach Zietenhorst zurück, jedes Wochenende war der Kuchengarten seitdem voller fröhlicher Besucher. Hauptattraktion ist natürlich immer, wenn die Entchen mit der Mutter in den vollbesetzten Kuchengarten watscheln, ihr Bad nehmen und sich dann zum Ruhen zwischen und unter die Tische legen. Sie haben Vertrauen in meine Gäste und die Gäste ein wenig Theater. Ich weiß nicht mehr, wieviele Kuchen ich in den letzten Wochen gebacken habe, aber es waren Viele! Sogar mein gebunkerter Zuckervorrat ging am vorletzten Sonntag zur Neige, ich musste mir fehlende Butter für letzte Kuchen von Nachbarn und Freunden bringen lassen und wie wunderbar ist es doch, Diese darum bitten und diese Hilfsbereitschaft mit einem Stück frischen Kuchen honorieren zu können! Ich bin mit netten Menschen in meinem Umfeld gesegnet (bis auf die eine böse Nachbarin 🧙🏻‍♀️!) und dass mir sogar die neue Postzustellerin einen großen Eimer voller Johannisbeeren aus ihrem Garten vors Törchen stellt, macht mich sehr dankbar für dieses Glück. Und ist es nicht seltsam, dass man das Glück anzieht, ist man im Einklang mit Allem? Es hat sich Alles gut arrangiert, obwohl der Anfang des Jahres doch so pessimistisch und verunsichernd war: ich fand Hilfe und auch die Zietenhorster scheinen ihre Scheu dem Kuchengarten gegenüber etwas verloren zu habe. Nina betreibt einen Marktstand, ab und zu hängt ein Beutel voller Gemüse oder Obst an meinem Gartentor. Auf Kays Acker an der Strasse dürfen die Kuchengartengäste am Sonntag ihr Auto parken, Mario oder Siegfried bringen oder holen die schwere Tafel an die Kreuzung der Strasse, Domeniques kleines Töchterchen kommt, um ihre Lieblingstörtchen bei mir zu kaufen und sogar der sehr scheue Nachbar vom hinteren Ende der Strasse war wohl schon als Gast mit Freunden hier: aber ich erkannte ihn nicht! Oma Evi, die gute Seele von Zietenhorst, kauft regelmäßig Kuchen und einmal im Jahr feiert sie ihr Enkeltreffen bei mir. Wir arbeiten und leben miteinander in diesem winzigen Örtchen, mitten im Nirgendwo des weitläufigen Brandenburgs! Nun fahre ich kurz zu meinem kranken Vater, komme zum Wochenende zurück, da der Oldtimer Club Havelland sein diesjähriges Sommerfest im Kuchengarten abhalten möchte und wie freue ich mich doch schon auf die wunderschönen alten Autos vor meinem Garten! Nachdem die letzten Gäste gegangen sind, steigen mein Komponist und ich in unser moderneres, klappriges Auto, um schnell hinauf zur Küste zu düsen. Sechs Tage Meer und keinerlei Verpflichtung! Nicht ganz: ER muss komponieren, ICH schiebe mir den Sessel ans Fenster, schaue auf die Ostsee, höre den musikalischen Versuchen aus dem Nebenzimmer zu und genieße diese Zweisamkeit. Am Sonntag darauf wird es im Kuchengarten wieder voll, die Entchen baden in der Schüssel, die Spatzenkinder verlassen ihr Nest und ich backe viele Kuchen, auch aus den roten Johannisbeeren der Postfrau. Alles ist im Kälteschlaf und zum Glück konnte ich noch meine Heidelbeeren vor den unverschämten Waschbären retten, welche des nachts durch meinen Garten schleichen, weder Erdbeeren noch Kirschen für mich und meine Kuchen übrig ließen. Kein ertragreicher Sommer, dieses Jahr….


Zietenhorst, 8.Juli:
DergestrigeSonntagwarsoanstrengendfürmich,dassmirimmernochderKopfschwirrt,dieFüßeschmerzenundichwagemicherstabendsnachhinten,inmeinenPrivatgarten,indemgesterneinedanndochgrößereGeburtstagsrundealsgeplantfeierte.Allesmusswiederweggeräumtundgeordnetwerden,dieWiesebrauchtErholung.SovieleMenschengestern!AbereineguteStimmungundallemeinefreiwilligenHelferwarenzwischenzeitlichetwasüberfordert.MeineFreundinMarionamüsiertesichübereinevonihrbeobachteteSzeneinderklitzekleinenCaféküche:miteinerHandfüllteichamWasserhahndenTeekessel,mitderAnderenfüllteichgleichzeitigvierTassenCappuchinomitMilchundSchaum,währendichknappeBefehleanAlleinderKücheverteilte!AndersgingesnichtundmitetwasFreudestellteichfest,dassichimmernochmultitaskwirbelnkann😁AllepacktenanundobwohlichdieNachtzuvorbisZweiUhrundmorgenswiederabSiebenUhrimAccordKuchengebackenhatte,schwandensiezusehensundwarenimNuaufgegessen.DieletztenGästeverließendenKuchengartengegenNeunzehnUhr:denRestedesAbendsverbrachteichmitdenKatzenaufdemSofa.IchmöchtemichbeiAllenbedanken,diemichundmeineArbeitgesternsotatkräftigunterstützten,inbeidenKüchenGeschirrabspülten,dieKundschaftmitKaffeeundKuchenversorgten,einfachmitanpackten!DerKuchengartenwirdgernbesuchtundichmussmirüberlegen,wieAllesinZukunftweitergehenkann.IchbinjaEINEBäckerinundlangsamwirdesimmermehrArbeitfürmich.DieGästesollenzufriedenNachhausefahrenundichselbstdarfnichtsovölligerschöpftdanachaufsSofasinken:auchwennesdieKatzenfreut!MirwirdeineLösungeinfallen!Sehrschön,dassmeinkleinesGartencafésogutangenommenwurdeundDanke,analldievielenzufriedenenGästegesternundfürdieGeduld! 

Zietenhorst, 24.Juni:
MeinHustensitztmirimmernochimGenick.ZumGlückgabesamgestrigenSonntagvielefreiwilligeHelfer,ichkonntemicheinwenigzurückhalten.DasWetterspieltemit,derKuchengartenfülltesich undwährendEvainmeinemBadezimmerherrlicheinLiedchenträllerte,umihreStimmezuölen,schwandendiezehngebackenenKuchenzusehens.DieWiesehinten,imprivatenGartenbestücktenwirnochmitrestlichenBänken,stelltenEvadenkleinenGartentischzumStuhl,beschirmtenDiesenmiteinemneuenExemplarmeinerSchirmsammlung,legtenKissenaufdieStühleundschonkamenersteZuhörer.EvahattedaskanariengelbeKleidangezogen,welchessiedamalstrug,alssiemichdasersteMalinZietenhorstbesuchteundvölligüberraschtwar,wieschöndiesesFleckchenErdeist!AndiesemTagdamalshatteichbeschlossen,dasHausmitderaltenehemaligenGaststätte,etwasweitervorneanderStraßezukaufen,umdorteingrößeresGartencafémitÜbernachtungsmöglichkeitenzuschaffen.ImSchubfachmeinesSchreibtischeslagenVertragundSchlüssel:aberdannkamebenEvaundwarsoverzücktundichsoerfreutdurchihrenBesuch,dassichihraufihreFragehin,obdennhiernocheinfreiesHausfürsiewäre,sofortfröhlichein„JA“entgegenschmetterte,dieSchlüsselunddieTelefonnummerdesEigentümersaushändigteundbeimGedankenanDas,wasdarausfolgenwürde,sehrzufriedenmitmeinerEntscheidungwar!NachdemichdasCaféabgeschlossenhatte,gingenwirdamalsinBegleitungvonSiddneySundance(einerECHTENindogenenKanadierinundTochtereinesvorlangerZeitausgewandertenFreundesauswildenOstberlinerPunkzeiten)zurBesichtigungdesHausesdieZietenhorsterStraßeentlang,schlossendiealteTürauf,tratenindiestaubige,dunkleGaststube.EvawaraugenblicklichFeuerundFlamme!ImHauswardieZeiteingefroren:überallstandenMöbel,Teller,GläserausDDRZeiten,imhinterenRaumkonnteEvaeskaumfassen,dassTürmevonhölzernenGetränkekistensamtOriginalBier-undBrauseflaschenstanden,nochmitüberdreißigjährigemInhalt!EinBildvonWilliStophhingbescheidenaneinerWandundüberallkleineKistchenmitNägelnundSchrauben…
WirstiegenmitSiddney,diekeineAhnunghatte,werEvaMattesistundmunternebenbeiGeschichtenerzähltedieknarzendeTreppehinauf.ObengabeseinigekleineZimmerchenundalswirdieeineTüruntermDachweiteröffneten,schosseineSchleiereulesoschnellanEvasKopfvorbei,dassihreHaarekurzaufflattertenundniemalsvergesseichihrenerstauntverdutztenGesichtsausdruckdabei!Eva warhinundweg!ZumGlückwußtesiedamalsnochnicht,welcheSteineihrdassogenannteAmtfürDenkmalsschutzindenWegrollenwürde:vondenoriginalenDachziegelnbiszurOriginalWandfarbeausden30erJahrendesletztenJahrhunderts,welchejaseitdemUntergangdesDrittenReichsrechtschwerzubeschaffensind!TrotzallerSchikanen,demCoronastillstandundfolgendemHandwerkernotstandesgehtesnunweitermitdemHausundEvaverbringtStunden,biszudenSchulternimUnkrautihresneuenGartens,indemnunschonApfelbäumestehenundRosenblühen.WannimmersieendlicheinwenigZeitzwischenDrehtagenundBühnenauftrittenhat,kommtsieinihrHaus,arbeitetimGartenundistüberalleMaßenglücklich. 
DaunsBeidedieselbeLustamGartenverbindet,suchteichfürdiegestrigeLesungdasherrlicheBuchvonElisabethvonArnim:„ElisabethundihrGarten“aus.EvasaßamkleinenTischchen,lasSeitefürSeiteundirgendwannkamenmeinekleinenachtZwergentenkükenneugierigdazu,schnäbeltenhinterderlesendenEvaimGrase,schnatterteneinwenigherum,wasdieVorleserineinigeMalezumLachenbrachteundzogenweiterindenGarten.FastwähntemansichinElisabethsBeschreibungihresGartensundDasempfandenwohlauchdieZuhörer.EinwunderbarerNachmittagwaresundamAbendgingichnochmaldurchdennunwiederleerenKuchengarten,freutemichüberdasGlückhierseinzukönnenundEvanachZietenhorstgelocktzuhaben!SichergibtesindieserSaisonnocheineLesung,abereshängtvoneinigenFaktorenab,zumBeispielauch,obichgenugHilfefinde.Nunaberhinaus,indensonnigenGartenunddasGemüsegedüngt!Eswirdheiß,indennächstenTagenundamSonntagöffneichwiederdasGartentörchenfürdenKuchengarten!


Zietenhorst, 19.Juni:
Letzten Samstag stieg ich doch schweren Herzens bei Regen und Sturm in Brest ins vollbesetzte Flugzeug nach Paris. Ich schwitzte, da die Kapazitäten meines Handgepäcks voll erschöpft waren, ich deshalb sämtliche Pullover, Röcke und Hosen übereinander am Leib trug. Aber: meine am Vortag in der kleinen Biscuiterie des Abers bei Porspoder, kurz vor Ladenschluss ergatterten und frisch gebackenen Gateau de Breton thronten in der Tasche, zusammen mit den festen bretonischen Butterkeksen, welche ihren unnachahmlichen Geschmack durch die Zugabe von Fleur de Sel und Caramel erhalten. Es wäre ein Jammer gewesen, diese Tasche bei der Sicherheitskontrolle in Brest lassen zu müssen. Der Zollbeamte jedoch lächelte, sagte mir ein paar freundliche Worte auf französisch (Memo an mich: diese Sprache muss ich bis zum nächsten Urlaub unbedingt lernen!!!) und ließ Alles durch! Der bretonische Regen und der starke Wind wollten mich nicht wirklich ins Flugzeug locken, aber ich komme ja wieder! Aufenthalt in Paris, auf diesem fantastischen und funktionierenden (!) Flughafen, mit all seinen kleinen Cafés, Bistros und luxuriösen Boutiquen. Der Flieger nach Berlin war bis auf den letzten Platz besetzt: wir wurden aufgefordert, unsere kleinen Koffer noch abzugeben. Freilich behielt ich die Tasche mit meinen bretonischen Leckereischätzen bei mir! Ein wackliger Start: ein letzter Versuch Frankreichs, mich zum Bleiben zu überreden…Unter mir verschwanden Regen, Häuser, die Champagne, dann nur noch ein endloses weißes Meer aus Zuckerwattewolken mit blauem Himmel. Nun, der „neue“ Flughafen bei Berlin besticht nicht gerade durch Moderne, Eleganz oder gar Service und schon von Weitem aus der Luft jagt mir sein Anblick einen kleinen innerlichen Schauer durch. KEIN lebendiges Gewusel, KEINE Fröhlichkeit und leider selbstverständlich auch kein Service oder Entdecken eines Lichts am Horizont. Wir fuhren still direkt nach Zietenhorst. Mein Mann neben mir brach das Schweigen mit einer schönen Erinnerung Dessen, was wir noch vor Stunden gesehen hatten. Im Kofferraum stand meine Tasche mit den Kuchen, frisch und direkt aus der Bretagne…
Es hatte wohl geregnet, die Zietenhorster Straße glänzte noch und trotz dunkler Wolken kam etwas Abendsonne hindurch. Beide Katzen liefen mir entgegen, mein Mann wuchtete die Koffer und Taschen aus dem Auto während ich durch den üppig zugewachsenen Garten ging und mich über den nun blühenden Phlox und die nicht von den Schnecken gefressenen Dahlien freute. Nach zwei Stunden begann ich mit dem Backen. Es wurde halb Drei Uhr morgens, als der Herd abgeschaltet wurde, ich ins Bett kroch, die Katzen hinterher, da sie sich nicht sicher waren, ob ich nicht doch wieder gleich weggehe. Gegen Sieben klingelte der unbarmherzige Wecker: noch fünf Kuchen und die gestern Abend gebackenen Tarteböden fertigstellen! 
Gegen Elf Uhr merkte ich kurz, dass die heutige Öffnung des Gartencafés vielleicht eine Schnapsidee war, backte weiter, rannte zwischen Café und Backstube emsig hin und her, öffnete pünktlich um Zwölf und schnitt den mitgebrachten Gateau de Breton an. Auf dem Tresen zierten bretonische Butterkekse, Madeleines und Financiers hübsche französische Schalen und erste Gäste trafen promt ein. Der Sonntag wurde ein SEHR gut besuchter Kuchengarten-Tag, mit erfreuten Stammgästen, Neulingen, die zufällig bei ihrer Radtour meine Tafel an der Straßenkreuzung gesehen hatten und Berlinern, welche das Café aus der Presse kannten. Die in der Gastronomie unerfahrene Tochter einer Bekannten schlug sich tapfer und wir Alle rechneten mit einem entspannten Sonntag und genug Zeit, ihr Alles zu zeigen und zu erklären: Es wurde so voll, dass wir gegen Vierzehn Uhr ins unausweichliche Chaos gerieten!  Das arme Mädchen bewies Improvisationstalent, aber ohne wirkliche Einarbeitung war Nichts zu retten. Wir versuchten es irgendwie wieder zu ordnen, aber es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir wieder Licht sahen: Kundschaft fragte nach ihren Bestellungen, Kaffees standen auf dem Tablett, ohne dass wir wußten an welchen Tisch sie kämen, zehn Liter Kaffee waren ausgetrunken und es gab keine Zeit, neuen Kaffee aufzubrühen (die winzige Nespresso-Haushaltsmaschine brühte tapfer danach Kaffee für Kaffee einzeln auf), der Kuchen war gegen Vier komplett aufgegessen und ICH bemerkte nebenbei, dass ich nicht nur zu wenig Schlaf gehabt hatte, sondern heute auch noch nichts gegessen. Die letzten Gäste gingen gegen Sieben, mit etwas wackeligen Beinen sank ich aufs Sofa, blieb dort bis zum Dunkelwerden einfach sitzen, sperrte danach die fröhliche Entenschar in Sicherheit und wurde von den Katzen ins Bett begleitet. Der Montag war entspannt: am Dienstag bekam ich Halsweh und HEUTE liege ich mit dazu gekommenen Gehüstel und etwas erhöhter Temperatur im Bett (neben mir zur Überwachung, Kater Felix!) Am kommenden Sonntag ist angekündigte Lesung im Garten und ich rechne mit einem gut besuchten Garten. Disziplin der kranken Bäckerin ist angesagt! Eva kam heute an: ich treffe sie vorsichtshalber erst morgen, mit Mundschutz und einem Gateau de Breton für sie! Die Lesung wird ihr Geburtstagsgeschenk für mich und ich freue mich seit Wochen auf ihre wunderbare Simme in meinem Garten, der Dem von Elisabeth von Arnim wohl recht ähnlich sehen muss. Heute bleibe ich brav im Bett! Morgen werde ich sehen….
Liebe Grüße aus Zietenhorst8, Peter r

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