Zietenhorst, 27.6.
Ich bin zurück aus meinem sechstägigen Kurzurlaub, von denen ich vier Tage im Bett verbrachte. Totale Erschöpfung und zuviel Sonne auf dem Kopf,
letzten Samstag und selbstverständlich wieder zuwenig getrunken! Aber gemütlich und entspannend war es, vom Krankenbett aus meinem Komponisten bei der Arbeit zuzusehen (ich kenne seit einem
Vierteljahrhundert keinen Urlaub ohne Gitarre und Studioequiptment!), ab und zu wegzudämmern oder das Meer hinter dem Fenster zu sehen. Ein Blick über die ganze Bucht, gegenüber die Kreidefelsen
von Sassnitz. Am fünften Tag ging es mir besser und wir fuhren dorthin, um in der wunderbaren „Wunderkammer“ am Hafen Karten und seltsam herrlichen Krimskrams zu bestaunen und etwas nach
Zietenhorst davon mitzubringen. Kommt man von Mukran nach Sassnitz, säumen linksseitig alte Mirabellenbäume den Fahrradweg. Mindestens fünf verschiedene Sorten in orange, rosa-violett und gelb.
Wir brachten den festen Verpackungskarton unseres im Binzer Supermarkt gekauften Frenchpressglases mit und pflückten soviel Mirabellen, dass es nicht nur für einen herrlichen Kuchen am Sonntag
reicht, sonders sicher auch noch für zwei Gläser Marmelade. Mit etwas Neid sah ich die vollhängenden Zweige, etwas weiter weg Apfelbäume, deren Äste fast den Boden berührten, so voll hingen sie
mit Früchten! In Zietenhorst kam uns im späten Frühjahr nocheinmal Väterchen Frost besuchen: es gibt weder Mirabellen, noch Viktoriapflaumen, keine Birnen, kaum Äpfel und nicht eine Quitte! Sowas
habe ich noch nie erlebt! Die Obstbaumalleen in Sassnitz und wie ich vor wenigen Wochen sah, auch in Sachsen, tragen üppig und schwer. Diese Alleen pflanzte man damals bewußt und ich erinnere
mich noch daran, dass ich als kleines Mädchen mit meiner Oma zu „ihren“ gepachteten Obstbäumen nahe ihres kleinen sächsischen Dorfes ging, um Kirschen und später Äpfel zu ernten, welche meine Oma
dann tagelang einkochte: herrlichster Duft aller Zeiten…
Jedes Jahr konnte man von der Gemeinde für eine wirklich kleine Pacht Obstbäume sichern, zur Ernte gab es Picknick im Gras daneben mit den anderen
Pächtern. Heute kaufen die Leute ihr Obst abgepackt im Supermarkt, Äpfel kommen aus sehr fernen Ländern, sogar Bohnen entdeckte ich vorgestern im Markt, welche aus Äthiopien (!) kamen! Welch
Irrsinn! Die Obstbaumalleen allerdings, verschwinden immer mehr, kaum jemand erntet noch und somit fallen auch in Sassnitz wunderbare Mirabellen, Äpfel und Kirschen überreif ins Gras, wo sie nur
von den Wespen geschätzt werden. Die letzten Obstbäume wurden vor der Wende gepflanzt, sie verschwinden immer mehr. Fährt man von Kremmen nach Linum die kleine Strasse entlang, kann man noch
kümmerliche Reste einer einst prächtigen Apfelbaumallee alter Sorten entdecken, aber nach jedem Stum werden es weniger, neue Bäume pflanzt man nicht mehr (ich hörte: wegen angeblicher
Verkehrssicherheit 🤦♀️) Aber gäbe es noch überall diese Alleen, würde ja auch Keiner mehr Äpfel aus Neuseeland kaufen! Morgen in der Frühe backe ich also einen Mirabellenkuchen mit Streuseln für
die Kuchengartengäste. Zitronen aus EIGENER Ernte geben eine herrliche Tarte au Citrón, Crowdfarming Aprikosen eines Bio Bauern in Frankreich, Pflaumen und Heidelbeeren aus Süddeutschland lassen
mich auf das Backen freuen! Heute erwarte ich noch eine Lieferung köstlichster gelber Bio Pfirsiche, die roten Johannisbeeren aus Mecklenburg stehen ebenfalls auf dem Backplan. Das Wetter wird
gut, gesundheitlich bin ich frisch und es ist nicht mehr all zu lang, bis die Sonne herbstlich scheint und der Kuchengarten für diese Saison wieder sein Törchen schließt. Vielleicht habe
ich Glück und kann bis in den September hinein backen?
Nutzen wir also noch die schönen Tage 🌻
Binz (Rügen), 21.7.
Ich sitze am offenen Fenster, höre den Ostseewellen zu und gleich gibt es einen pinkfarbenen Sonnenuntergang, links von der Bucht. Letzte Nacht kamen
wir an, brachten leise unsere Taschen und unser Zietenhorster Gemüse nach oben, öffneten mit einem wohligen Seufzer das Fenster zur dunklen Nacht hinaus und waren voller Vorfreude auf ein paar
Tage am Meer, in meinem Geburtsort. Seit zweieinhalb Jahrzehnten fahren wir hierher, kennen jeden Knarzer der Treppe, den vertrauten Geruch des alten Hauses am Meer, verbringen traditionell den
ersten Tag mit Ausschlafen und aufs Meer schauen. Gestern Nachmittag noch, gab es im Kuchengarten das kleine Sommerfest vom Oldtimerclub und die Strasse in Zietenhorst zierten die schönsten Autos
aus längst vergangenen Zeiten. Ein schöner Nachmittag war Das! Trotz Hitze und aufdringlicher Bremsen. Wir hatten einen langen Tisch auf der Kuchengartenwiese gut beschirmt und gegen halb Vier
hörte ich wunderbares Geknatter vor dem Café. Eine kleine Karawane von circa dreißig Autos parkte und eine fröhliche Gesellschaft füllte gleich darauf die Wiese. Meine Kuchen waren schnell
gegessen, gut gelaunte Gäste unterhielten sich und mich. Als ich Einen einlud, mal die Nase ins Studio meines Komponisten zu stecken, folgten ihm neugierig fast alle Frauen der Tafel hinterher:
wann kann man denn schon mal einem Komponisten dabei zusehen, wie er Krimimusik auf Filmszenen komponiert? Mein Mann nahm es mit Humor, dass sein kleines Arbeitszimmer proppevoll mit begeisterten
Damen war! Vor zwei Jahren feierte der Jaguar-Oldtimerclub sein Sommerfest in Zietenhorst: damals war Eva nicht zu bremsen und überraschte die verdutzten Gäste als Bedienung! Noch heute bekomme
ich nette Nachrichten, wo man davon schwärmt, von Eva Mattes bedient worden zu sein. Diesmal also live bei der Komposition fürs Fernsehen: das bleibt im Gedächtnis! Als die lustige Truppe
losfuhr, beobachteten wir noch amüsiert meinen Nachbarn, der wohl mitbekommen hatte, dass im Kuchengarten Gäste waren und deshalb beschlossen hatte, mit der Motorsense vor dem Garten zu mähen.
Ich bin doch immer wieder überrascht…
Nachdem die Gäste winkend und grüßend losgefahren waren bemerkte ich, dass mir die Sonne wohl etwas geschadet hatte. Kopfschmerzen und etwas Unwohlsein
bremsten meinen Elan, der Koffer wurde länger als geplant gepackt und selbstverständlich habe ich wieder die Hälfte vergessen! Ein letztes Streicheln der Katzen, flink noch Zucchini, Gurken und
Tomaten aus dem Garten eingepackt und endlich vor Acht losgefahren, Richtung Meer. Der erste Tag ist fast vorbei, ich hoffe meinen Katzen ging es heute gut: es war heiß in Zietenhorst. Nächsten
Sonntag bin ich zurück, Geburtstage stehen an und die letzten Wochenenden der Kuchengarten Saison. Viel zu schnell geht der Sommer dahin, oder!? Für Ende August plane ich einen großen Flohmarkt
und ein „Englisches Wochenende“, mit Cream Tea, Scones und Allem was so dazugehört. Ich sende Grüße vom Meer und freue mich aufs nächste Wochenende in Zietenhorst!
Zietenhorst, 16.7.
Liebe Grüße aus Zietenhorst. Es ist Sommer, die Kapuzinerkresse im Kuchengarten wuchert bereits wieder Richtung Weg und lässt den dazwischen
wachsenden Dahlien kaum Luft. Im Vogelkasten des oberen Fensters am Haus brütet das nun dritte Spatzenpaar: ich kann sie nicht nur durch die im Dach integrierte kleine Kamera bei der Aufzucht
ihrer vier Winzlinge beobachten, die zierliche Spatzenmama leistet mir seit Wochen traute Gesellschaft beim morgendlichen Gartenfühstück, kommt immer näher, beobachtet mich mit seitlich geneigtem
Köpfchen beim Essen und mittlerweile betreibe ich etwas einseitige Konversation mit diesem immer zahmer werdenden Vögelchen. Auch die fast ausgewachsenen Entenküken wissen, dass ich die Frau mit
dem Futter bin, die ihnen ausserdem mehrmals täglich das Badewasser in der antiquaren Emailleschüssel frisch wechselt. Welch ein Leben! Vor vier Wochen kam ich aus der Bretagne nach Zietenhorst
zurück, jedes Wochenende war der Kuchengarten seitdem voller fröhlicher Besucher. Hauptattraktion ist natürlich immer, wenn die Entchen mit der Mutter in den vollbesetzten Kuchengarten watscheln,
ihr Bad nehmen und sich dann zum Ruhen zwischen und unter die Tische legen. Sie haben Vertrauen in meine Gäste und die Gäste ein wenig Theater. Ich weiß nicht mehr, wieviele Kuchen ich in den
letzten Wochen gebacken habe, aber es waren Viele! Sogar mein gebunkerter Zuckervorrat ging am vorletzten Sonntag zur Neige, ich musste mir fehlende Butter für letzte Kuchen von Nachbarn und
Freunden bringen lassen und wie wunderbar ist es doch, Diese darum bitten und diese Hilfsbereitschaft mit einem Stück frischen Kuchen honorieren zu können! Ich bin mit netten Menschen in meinem
Umfeld gesegnet (bis auf die eine böse Nachbarin 🧙🏻♀️!) und dass mir sogar die neue Postzustellerin einen großen Eimer voller Johannisbeeren aus ihrem Garten vors Törchen stellt, macht mich sehr
dankbar für dieses Glück. Und ist es nicht seltsam, dass man das Glück anzieht, ist man im Einklang mit Allem? Es hat sich Alles gut arrangiert, obwohl der Anfang des Jahres doch so pessimistisch
und verunsichernd war: ich fand Hilfe und auch die Zietenhorster scheinen ihre Scheu dem Kuchengarten gegenüber etwas verloren zu habe. Nina betreibt einen Marktstand, ab und zu hängt ein Beutel
voller Gemüse oder Obst an meinem Gartentor. Auf Kays Acker an der Strasse dürfen die Kuchengartengäste am Sonntag ihr Auto parken, Mario oder Siegfried bringen oder holen die schwere Tafel an
die Kreuzung der Strasse, Domeniques kleines Töchterchen kommt, um ihre Lieblingstörtchen bei mir zu kaufen und sogar der sehr scheue Nachbar vom hinteren Ende der Strasse war wohl schon als Gast
mit Freunden hier: aber ich erkannte ihn nicht! Oma Evi, die gute Seele von Zietenhorst, kauft regelmäßig Kuchen und einmal im Jahr feiert sie ihr Enkeltreffen bei mir. Wir arbeiten und leben
miteinander in diesem winzigen Örtchen, mitten im Nirgendwo des weitläufigen Brandenburgs! Nun fahre ich kurz zu meinem kranken Vater, komme zum Wochenende zurück, da der Oldtimer Club Havelland
sein diesjähriges Sommerfest im Kuchengarten abhalten möchte und wie freue ich mich doch schon auf die wunderschönen alten Autos vor meinem Garten! Nachdem die letzten Gäste gegangen sind,
steigen mein Komponist und ich in unser moderneres, klappriges Auto, um schnell hinauf zur Küste zu düsen. Sechs Tage Meer und keinerlei Verpflichtung! Nicht ganz: ER muss komponieren, ICH
schiebe mir den Sessel ans Fenster, schaue auf die Ostsee, höre den musikalischen Versuchen aus dem Nebenzimmer zu und genieße diese Zweisamkeit. Am Sonntag darauf wird es im Kuchengarten wieder
voll, die Entchen baden in der Schüssel, die Spatzenkinder verlassen ihr Nest und ich backe viele Kuchen, auch aus den roten Johannisbeeren der Postfrau. Alles ist im Kälteschlaf und zum Glück
konnte ich noch meine Heidelbeeren vor den unverschämten Waschbären retten, welche des nachts durch meinen Garten schleichen, weder Erdbeeren noch Kirschen für mich und meine Kuchen übrig ließen.
Kein ertragreicher Sommer, dieses Jahr….
Zietenhorst, 8.Juli:
Der gestrige Sonntag war so anstrengend für mich, dass mir immer noch der Kopf schwirrt, die Füße schmerzen und ich wage mich erst abends nach hinten, in meinen Privatgarten,
indemgesterneinedanndochgrößere Geburtstagsrunde als geplant feierte. Alles muss wieder weggeräumt und geordnet werden, die Wiese braucht Erholung. So viele Menschen gestern! Aber eine
guteStimmungundallemeinefreiwilligenHelfer waren zwischenzeitlich etwas überfordert. Meine Freundin Marion amüsierte sich über eine von ihr beobachtete Szene in der klitzekleinen Caféküche: mit
einerHandfüllteichamWasserhahn denTeekessel, mit der Anderen füllte ich gleichzeitig vier Tassen Cappuchino mit Milch und Schaum, während ich knappe Befehle an Alle in der Küche verteilte! Anders
gingesnichtundmitetwas Freude stellteich fest, dass ich immernoch multitask wirbeln kann 😁 Alle packten an und obwohl ich die Nacht zuvor bis Zwei Uhr und morgens wieder ab Sieben
UhrimAccordKuchengebackenhatte, schwanden sie zusehensund waren im Nu aufgegessen. Die letzten Gäste verließen den Kuchengarten gegen Neunzehn Uhr: den Reste des Abends verbrachte ich mit den
KatzenaufdemSofa.Ich möchtemich bei Allen bedanken, die michund meine Arbeit gestern so tatkräftig unterstützten, in beiden Küchen Geschirr abspülten, die Kundschaft mit Kaffee und
Kuchenversorgten,einfachmitanpackten!Der Kuchengarten wird gern besucht undich muss mir überlegen, wie Alles in Zukunft weitergehen kann. Ich bin ja EINE Bäckerin und langsam wird es immer mehr
Arbeit fürmich.DieGästesollenzufrieden Nachhause fahren und ich selbst darfnicht so völlig erschöpft danach aufs Sofa sinken: auch wenn es die Katzen freut! Mir wird eine Lösung einfallen!
Sehrschön,dassmeinkleinesGartencafé so gut angenommen wurde und Danke, an all dievielen zufriedenen Gäste gestern und für die Geduld!
Zietenhorst, 24.Juni:
Mein Husten sitzt mir immer noch im Genick. Zum Glück gab es am gestrigen Sonntag viele freiwillige Helfer, ich konnte mich ein wenig
zurückhalten.DasWetterspieltemit,derKuchengartenfülltesich und während Eva in meinem Badezimmer herrlich ein Liedchen trällerte, um ihre Stimme zu ölen, schwanden die
zehngebackenenKuchenzusehens.DieWiesehinten,imprivatenGartenbestücktenwirnochmitrestlichen Bänken, stellten Eva den kleinen Gartentisch zum Stuhl, beschirmten Diesen mit einem neuen
ExemplarmeinerSchirmsammlung,legtenKissenaufdieStühleund schonkamenerste Zuhörer. Evahatte das kanariengelbe Kleid angezogen, welches sie damals trug, als sie mich das erste Mal in Zietenhorst
besuchteundvölligüberraschtwar,wieschöndiesesFleckchen Erde ist! An diesem Tag damals hatte ich beschlossen, das Haus mit der alten ehemaligen Gaststätte, etwas weiter vorne an der Straße zu
kaufen,umdorteingrößeresGartencafémitÜbernachtungsmöglichkeiten zuschaffen. Im Schubfach meines Schreibtisches lagen Vertrag und Schlüssel: aber dann kam eben Eva und war so verzückt und ich
soerfreutdurchihrenBesuch,dassichihrauf ihre Frage hin, ob denn hier noch ein freies Haus für sie wäre, sofort fröhlich ein „JA“ entgegenschmetterte, die Schlüssel und die
TelefonnummerdesEigentümersaushändigteundbeimGedankenanDas, was daraus folgen würde,sehr zufrieden mit meiner Entscheidung war! Nachdem ich das Café abgeschlossen hatte, gingen wir damals
inBegleitungvonSiddneySundance(einerECHTENindogenenKanadierin und Tochter eines vor langer Zeit ausgewanderten Freundes aus wilden Ostberliner Punkzeiten) zur Besichtigung des Hauses
dieZietenhorsterStraßeentlang,schlossendie alteTürauf,traten in die staubige, dunkle Gaststube.Eva war augenblicklich Feuer und Flamme! Im Haus war die Zeit eingefroren: überall standen Möbel,
Teller,Gläser ausDDRZeiten, imhinterenRaumkonnteEvaes kaum fassen, dass Türme von hölzernen Getränkekisten samt Original Bier- und Brauseflaschen standen, noch mit über dreißigjährigem Inhalt! Ein
Bild vonWilliStophhingbescheidenaneinerWandund überall kleine Kistchen mit Nägeln und Schrauben…
Wir stiegen mit Siddney, die keine Ahnung hatte, wer Eva Mattes ist und munter nebenbei Geschichten erzählte die knarzende Treppe hinauf. Oben gab
eseinigekleineZimmerchenundalswirdieeineTüruntermDach weiter öffneten, schoss eine Schleiereule so schnell an Evas Kopf vorbei, dass ihre Haare kurz aufflatterten
undniemalsvergesseichihrenerstauntverdutztenGesichtsausdruckdabei!Eva war hinund weg! Zum Glück wußte sie damals noch nicht, welche Steine ihr das sogenannte Amt für Denkmalsschutz in
denWegrollenwürde:vondenoriginalenDachziegelnbis zurOriginalWandfarbeaus den 30erJahrendes letzten Jahrhunderts, welche ja seit dem Untergang des Dritten Reichs recht
schwerzubeschaffensind!TrotzallerSchikanen,demCoronastillstandundfolgendemHandwerkernotstandes geh tes nun weitermit dem Haus und Eva verbringt Stunden, bis zu den Schultern im Unkraut ihres
neuenGartens,indemnunschonApfelbäumestehenund Rosenblühen.Wannimmer sieendlich ein wenig Zeit zwischen Drehtagen undBühnenauftritten hat, kommt sie in ihr Haus, arbeitet im
GartenundistüberalleMaßenglücklich.
Da uns Beide die selbe Lust am Garten verbindet, suchte ich für die gestrige Lesung das herrliche Buch von Elisabeth von
Arnim:„ElisabethundihrGarten“aus.EvasaßamkleinenTischchen,lasSeitefürSeiteundirgendwann kamen meine kleinen acht Zwergentenküken neugierig dazu, schnäbelten hinter der lesenden
EvaimGrase,schnatterteneinwenigherum,wasdieVorleserineinige MalezumLachenbrachteund zogenweiter inden Garten. Fast wähnte man sich in Elisabeths Beschreibung ihres Gartens und
DasempfandenwohlauchdieZuhörer.EinwunderbarerNachmittagwar esund amAbendging ichnochmaldurch den nun wiederleerenKuchengarten, freute mich über das Glück hier sein zu können und Eva
nachZietenhorstgelocktzuhaben!Sicher gibtesin dieserSaisonnocheineLesung,aber eshängt voneinigen Faktoren ab, zumBeispiel auch,ob ich genug Hilfe finde. Nun aber hinaus, in den sonnigen Garten und
dasGemüsegedüngt!Eswirdheiß, indennächstenTagenundamSonntagöffneich wieder dasGartentörchen für denKuchengarten!
Zietenhorst, 19.Juni:
Letzten Samstag stieg ich doch schweren Herzens bei Regen und Sturm in Brest ins vollbesetzte Flugzeug nach Paris. Ich schwitzte, da die Kapazitäten meines Handgepäcks voll erschöpft waren,
ich deshalb sämtliche Pullover, Röcke und Hosen übereinander am Leib trug. Aber: meine am Vortag in der kleinen Biscuiterie des Abers bei Porspoder, kurz vor Ladenschluss ergatterten und frisch
gebackenen Gateau de Breton thronten in der Tasche, zusammen mit den festen bretonischen Butterkeksen, welche ihren unnachahmlichen Geschmack durch die Zugabe von Fleur de Sel und Caramel
erhalten. Es wäre ein Jammer gewesen, diese Tasche bei der Sicherheitskontrolle in Brest lassen zu müssen. Der Zollbeamte jedoch lächelte, sagte mir ein paar freundliche Worte auf französisch
(Memo an mich: diese Sprache muss ich bis zum nächsten Urlaub unbedingt lernen!!!) und ließ Alles durch! Der bretonische Regen und der starke Wind wollten mich nicht wirklich ins Flugzeug locken,
aber ich komme ja wieder! Aufenthalt in Paris, auf diesem fantastischen und funktionierenden (!) Flughafen, mit all seinen kleinen Cafés, Bistros und luxuriösen Boutiquen. Der Flieger nach Berlin
war bis auf den letzten Platz besetzt: wir wurden aufgefordert, unsere kleinen Koffer noch abzugeben. Freilich behielt ich die Tasche mit meinen bretonischen Leckereischätzen bei mir! Ein
wackliger Start: ein letzter Versuch Frankreichs, mich zum Bleiben zu überreden…Unter mir verschwanden Regen, Häuser, die Champagne, dann nur noch ein endloses weißes Meer aus Zuckerwattewolken
mit blauem Himmel. Nun, der „neue“ Flughafen bei Berlin besticht nicht gerade durch Moderne, Eleganz oder gar Service und schon von Weitem aus der Luft jagt mir sein Anblick einen kleinen
innerlichen Schauer durch. KEIN lebendiges Gewusel, KEINE Fröhlichkeit und leider selbstverständlich auch kein Service oder Entdecken eines Lichts am Horizont. Wir fuhren still direkt nach
Zietenhorst. Mein Mann neben mir brach das Schweigen mit einer schönen Erinnerung Dessen, was wir noch vor Stunden gesehen hatten. Im Kofferraum stand meine Tasche mit den Kuchen, frisch und
direkt aus der Bretagne…
Es hatte wohl geregnet, die Zietenhorster Straße glänzte noch und trotz dunkler Wolken kam etwas Abendsonne hindurch. Beide Katzen liefen mir entgegen, mein Mann wuchtete die Koffer und
Taschen aus dem Auto während ich durch den üppig zugewachsenen Garten ging und mich über den nun blühenden Phlox und die nicht von den Schnecken gefressenen Dahlien freute. Nach zwei Stunden
begann ich mit dem Backen. Es wurde halb Drei Uhr morgens, als der Herd abgeschaltet wurde, ich ins Bett kroch, die Katzen hinterher, da sie sich nicht sicher waren, ob ich nicht doch wieder
gleich weggehe. Gegen Sieben klingelte der unbarmherzige Wecker: noch fünf Kuchen und die gestern Abend gebackenen Tarteböden fertigstellen!
Gegen Elf Uhr merkte ich kurz, dass die heutige Öffnung des Gartencafés vielleicht eine Schnapsidee war, backte weiter, rannte zwischen Café und Backstube emsig hin und her, öffnete pünktlich
um Zwölf und schnitt den mitgebrachten Gateau de Breton an. Auf dem Tresen zierten bretonische Butterkekse, Madeleines und Financiers hübsche französische Schalen und erste Gäste trafen promt
ein. Der Sonntag wurde ein SEHR gut besuchter Kuchengarten-Tag, mit erfreuten Stammgästen, Neulingen, die zufällig bei ihrer Radtour meine Tafel an der Straßenkreuzung gesehen hatten und
Berlinern, welche das Café aus der Presse kannten. Die in der Gastronomie unerfahrene Tochter einer Bekannten schlug sich tapfer und wir Alle rechneten mit einem entspannten Sonntag und genug
Zeit, ihr Alles zu zeigen und zu erklären: Es wurde so voll, dass wir gegen Vierzehn Uhr ins unausweichliche Chaos gerieten! Das arme Mädchen bewies Improvisationstalent, aber ohne
wirkliche Einarbeitung war Nichts zu retten. Wir versuchten es irgendwie wieder zu ordnen, aber es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, bis wir wieder Licht sahen: Kundschaft fragte nach ihren
Bestellungen, Kaffees standen auf dem Tablett, ohne dass wir wußten an welchen Tisch sie kämen, zehn Liter Kaffee waren ausgetrunken und es gab keine Zeit, neuen Kaffee aufzubrühen (die winzige
Nespresso-Haushaltsmaschine brühte tapfer danach Kaffee für Kaffee einzeln auf), der Kuchen war gegen Vier komplett aufgegessen und ICH bemerkte nebenbei, dass ich nicht nur zu wenig Schlaf
gehabt hatte, sondern heute auch noch nichts gegessen. Die letzten Gäste gingen gegen Sieben, mit etwas wackeligen Beinen sank ich aufs Sofa, blieb dort bis zum Dunkelwerden einfach sitzen,
sperrte danach die fröhliche Entenschar in Sicherheit und wurde von den Katzen ins Bett begleitet. Der Montag war entspannt: am Dienstag bekam ich Halsweh und HEUTE liege ich mit dazu gekommenen
Gehüstel und etwas erhöhter Temperatur im Bett (neben mir zur Überwachung, Kater Felix!) Am kommenden Sonntag ist angekündigte Lesung im Garten und ich rechne mit einem gut besuchten Garten.
Disziplin der kranken Bäckerin ist angesagt! Eva kam heute an: ich treffe sie vorsichtshalber erst morgen, mit Mundschutz und einem Gateau de Breton für sie! Die Lesung wird ihr
Geburtstagsgeschenk für mich und ich freue mich seit Wochen auf ihre wunderbare Simme in meinem Garten, der Dem von Elisabeth von Arnim wohl recht ähnlich sehen muss. Heute bleibe ich brav im
Bett! Morgen werde ich sehen….
Liebe Grüße aus Zietenhorst